Sighişoara - Schäßburg

von Rainer Beel

In Transsilvanien spukt heute zwar nur noch der Zeitgeist, aber es gibt Orte, die soviel Mystik ausstrahlen, dass man sich nicht wundern würde, wenn man einem leibhaftigen strigoi begegnete.

Sighişoara (zu Deutsch Schäßburg) ist so ein Ort. Gegründet wurde das Städtchen an der Kokel von Siedlern aus dem heutigen Deutschland, die später Sachsen genannt wurden. Vieles in Sighişoara erinnert noch an die Sachsen: Kirchen, in denen lutherische Messen gefeiert werden, Straßennamen und Architektur. Am Joseph-Haltrich-Gymnasium wird noch immer auf Deutsch unterrichtet. Gasthöfe heißen "Casa Wagner", "Baier Hoff" und "Haus mit dem Hirschgeweih". Rumänisch dagegen ist die Rathauspolitik. Seit dem Jahr 2000 ist Ioan Dorin Dăneşan Bürgermeister. Seinem Vater, dem ehemaligen kommunistischen Bürgermeisters Ioan Dăneşan, wird der Abriss eines historischen Teils der Stadt zur Last gelegt wird. Wie überall auf der Welt, fällt auch in Sighişoara der Apfel nicht weit vom Stamm. Wer offenen Auges durch die Altstadt geht, entdeckt Neubauten inmitten der Burg, des UNESCO-geschützten Altstadtensembles. Schade!

Sighişoara lebt vom Tourismus, der Landwirtschaft und zunehmend von der Industrie: Verpackungsmaterialien und Sicherheitsausrüstungen kommen aus Sighişoara. Der bekannte deutsche Lebensmittelhersteller Hochland produziert dort Schmelzkäse. 

Im Laufe der Geschichte haben die Bewohner Sighişoaras unzählige Kriege, Verwüstungen und Plünderungen erlebt. Sighişoara hat den Kommunismus überstanden und wird sicherlich auch durch die chaotische Übergangszeit kommen. Die morbide Schönheit Sighişoaras wird derzeit an manchen Stellen wegsaniert. Aber noch erkennt man das alte Gesicht der Stadt - und wird davon verzaubert.

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