Wir angekommen: in Tulcea - auch „das Tor zum Delta“ genannt.
Von Bukarest sind wir mit Bus, Metro und Bahn über rund 350 km, fast einen ganzen Tag lang in diese östlichste Region des Landes, an den Rand Europas gereist. Hier bei Tulcea verzweigt sich die sehr viel weiter gereiste Donau in drei markante und sehr individuelle Arme die letztendlich doch alle ein gemeinsames Ziel haben:
Das schwarze Meer.
Es sind gewaltige, kaum vorstellbare Dimensionen, über die sich das Delta erstreckt. Ein dichtes Netz aus zahllosen, labyrinthartigen Kanälen und Verzweigungen, mäandernden Flussarmen, schwimmenden Schilfinseln, Sümpfen und Seen in diesem weltweit größten Schilfgebiet, welches 1991 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde.
Nicht ganz einfach ist es mit den Transportmitteln. Ohne Schiff kommt man fast nirgends hin und dann auch nicht wieder weg. Straßen gibt es kaum und Passagierboote fahren nicht jeden Tag. Eine gute Portion Ideenreichtum und Kompromissbereitschaft sind unabdingbar!!!
Die beeindruckenste Reisemöglichkeit, die nur auf dem Sulina-Arm (mittlerer Kanal) genutzt werden kann ist „St. Maria“, ein in die Jahre gekommenes Schnellboot. Meiner Meinung mit sehr viel Ähnlichkeit eines Ungeheuers. Es ist die Mixtur aus Geräuschkulisse, Geschwindigkeit und dem „gewissen Design“ (welches an einen leichtfüßigen Panzer erinnert) die mich zu diesem Schluss kommen ließ. Okay, wir haben „Maria“ eine Chance gegeben und es ist wirklich eine sehr komfortable und unglaublich schnelle Reisemöglichkeit.
Den größten Teil unseres Urlaubs verbrachten wir in Sfantu Gheorghe, wo der gleichnamige Kanal (unterster Donauarm), ins Schwarze Meer fließt. Wir haben hier eines der hübschesten Dörfer des Deltas kennen gelernt, einen wirklichen Traum von einem unglaublich einsamen Strand genossen und einen Artenreichtum wie sonst nirgends im Delta vorgefunden. Die Pelikane flogen bei gutem Pelikanwetter in vielen Schwärmen über uns hinweg.
Wie schon erwähnt, der Strand war sehr schön und gehört niemanden, auch nicht uns. Wir teilten uns diesen mit Wasserschildkröten, halbwilden Pferde- und Kuhherden, die anscheinend auch dort Urlaub machten und sich am Strand hinlegten und sonnten. Die Pferde kamen um die Mittagszeit zum trinken und legen sich zum abkühlen in das seichte Meerwasser.
Von unserer Unterkunft unternahmen wir Bootstouren zu entfernteren Kanälen und Seen mit Populationen von wilden Schwänen, Kormoranen und Pelikan. Es waren riesige Seen, deren Dimensionen kaum auszumachen waren, mit riesigen Kolonien von insgesamt mehreren tausend Pelikanen.
Als sehr, sehr problematisch stellte sich für uns immer wieder die Sprache heraus. Es sind zu wenige Worte mit unserer Sprache verwandt. Die Sprachmixtur der Einheimischen in diesem Gebiet ist vermischt mit Worten der nahe gelegenen Ukraine. Da half auch die Verwandtschaft der romanischen, französischen Sprache nicht so richtig, das französische Paar wirkte teilweise recht hilflos und fragte, wieso wir die Leute eigentlich viel besser verstehen, sie wären mit ihrem Latein am Ende. Selbst echte Rumänen gestanden uns ihre Sprachschwierigkeiten!
Auf jeden Fall ist die Zeit im Delta stehen geblieben. Nicht technisch. Ich glaube ich habe selten so vollen Handy-Empfang gehabt wie dort (bin aus dem Rhein-Main-Gebiet!). Selbst im dicksten Schilf ganz weit im Delta = voller Empfang!
Und trotzdem kann ich diesem Text über das Delta, mit dem ich den Bericht beenden möchte, nur mit einem nachdenklichen und in Erinnerung schwelgendem Nicken, zustimmen:
Die Dörfer hier sind so wie man sie aus alten Zeiten kennt. Die Zeit scheint hier wirklich stehen geblieben zu sein. Das Moderne ist hier kaum eingedrungen, viele Haushalte haben nur das nötigste an Ausstattung, aber dadurch haben sie das Parfüm der alten Zeiten bewahrt, dieses etwas, dass die Menschen menschlicher macht, das Gras grüner und das Meer blauer...