Der Wikinger-Ru­mä­nien-Re­port


- Ein Erst­kon­takt -

von Aurelia L. Porter

Flagge
Flagge
RUMÄ­NIEN??? Was wollt ihr denn da?!
Mit die­ser ent­geis­ter­ten Re­ak­tion aus Freun­des- und Kol­le­gen­krei­sen ha­ben sich vier­zehn „Wi­kin­ger“ im Sep­tem­ber 2012 auf den Weg in die­ses für sie un­be­kann­te Land ge­macht. Man war schon in der Mon­go­lei und in Süd­af­ri­ka, ist in den An­den ge­wan­dert und hat die USA be­reist – aber Ru­mä­nien? Da­bei ver­bin­det uns mit Ru­mä­nien ei­ne lan­ge Ge­schich­te, und das Land ge­hört be­reits seit 2007 zur EU. Grund ge­nug, die­se Ter­ra in­cog­ni­ta ein­mal in Au­gen­schein zu neh­men.
Monument vor Haus
Universitätsbibliothek/Carol I in Bukarest
So ver­sam­mel­ten sich Wi­kin­ger-Rei­sen­de aus ganz Deutsch­land in der ru­mä­ni­schen Me­tro­po­le Bu­ka­rest, um laut Pro­gramm „Kar­pa­ten, Klös­ter und Kir­chen­bur­gen“ zu er­wan­dern. In Sie­ben­mei­len­stie­feln zo­gen wir zwei Wo­chen lang mit un­se­rem aus Kron­stadt/Bra­şov stam­men­den Rei­se­füh­rer durch die­ses sa­gen­haf­te Land vol­ler Na­tur­schön­hei­ten und ver­bor­ge­ner Schä­tze. In man­chen Fäl­len sprin­gen sie ei­nem di­rekt ins Auge, doch manch­mal muss man schon ge­nau­er hin­schau­en. Ru­mä­nien ist ein Land, das ent­deckt wer­den will. Es wirft sich ei­nem nicht markt­schrei­er­isch an den Hals, wie wir es von west­li­chen Tou­ris­tik-Wer­be­stra­te­gen ge­wöhnt sind. Vie­les be­sticht ein­fach durch sei­ne Ur­sprüng­lich­keit - ob Land­schaf­ten, Kul­tur oder Leu­te.
Berge
Südkar­pa­ten
Kloster
Moldau-Klos­ter Su­ce­vița
Kirchenburg
Kirchenburg Tartlau
Doch das he­raus­ra­gend­ste Merk­mal Ru­mä­niens ist sei­ne Viel­sei­tig­keit. Ge­ra­de noch im bun­ten Ge­trie­be Bu­ka­rests mit sei­nem me­di­ter­ra­nen Flair ge­fan­gen, ging es am nächs­ten Tag be­reits hoch hi­naus. Die Berg­welt der Süd­kar­pa­ten mit ih­ren steil auf­ra­gen­den Fels­wän­den und fast un­be­rühr­ten Wäl­dern leg­te sich wie Bal­sam auf Lun­ge und See­le und ge­bot Ehr­furcht vor den Ein­sam­kei­ten, die sich um uns he­rum auf­ta­ten.
Landschaft
Belagerte Gi­pfel­kreu­ze? Pick­ni­cken­de Wan­ders­leut’ am We­ges­rand? – Fehl­an­zei­ge. Höchs­tens, dass wir mal auf ei­nen Schä­fer mit sei­ner Her­de tra­fen, des­sen Hun­de uns bel­lend an­kün­dig­ten. Dann hieß es, sich mit Res­pekt zu nä­hern, denn wir wa­ren Ein­dring­lin­ge in ih­re Welt. Es tat gut, sich des­sen be­wusst zu wer­den, zu be­grei­fen, dass der Mensch sich hier den Re­geln der Na­tur zu beu­­gen hat, nicht um­ge­kehrt.
Berge
Schafherde
Berge
Nur wenige Tage spä­ter emp­fing uns das of­fe­ne Hü­gel­land Sie­ben­bür­gens. Die Kuh, die am nächs­ten Mor­gen mit­ten auf der ver­las­se­nen Dorf­stra­ße stand und sich über ei­nen Hau­fen Tou­ris­ten wun­der­te, der aus dem Tor ei­ner Pen­sion ström­te, rief ein all­ge­mei­nes Fo­to­ap­pa­ra­te­zü­cken her­vor. Da­nach setz­te sie ih­ren Weg zur Wei­de un­be­ein­druckt fort.
Kuh
Schafherde
Berge
Vor den Häu­sern fei um­her­lau­fen­de Hüh­ner und Hun­de, mit Heu be­la­de­ne Pfer­de­kar­ren mit­ten im zwei­spu­ri­gen Kreis­ver­kehr ei­ner Be­zirks­stadt oder ei­ne gan­ze Kuh­her­de, die – brav rechts und hin­ter­ein­an­der – über ei­ne Pass­stra­ße (Tran­sit­stre­cke!) Rich­tung hei­mat­li­chen Stalls trot­tet - in Ru­mä­ni­en völ­lig nor­mal.
Huhn
Huhn
Kuh
Huhn
Am Ende der Rei­se fiel mir noch nicht ein­mal mehr auf, dass ein Bau­er sein Feld mit ei­nem „ech­ten“ Pflug und Acker­gaul be­ar­bei­te­te. Da­bei sind das Bil­der, die wir sonst nur noch aus al­ten Kin­der­bil­der­bü­chern oder aus dem Frei­licht­mu­se­um ken­nen. Nach nur vier­zehn Ta­gen war die­ser An­blick schon völ­lig ver­traut.
Die ehe­mals sä­chsi­schen Stä­dte Her­mann­stadt/Si­biu, Kron­stadt/Bra­şov und Schäß­burg/Si­ghi­şo­ara stan­den na­tür­lich auf dem Pflicht­pro­gramm und be­sta­chen durch ih­re un­ter­schied­li­che At­mos­phä­re.
Stadt
Her­mann­stadt/Si­biu
Stadt
Kron­stadt/Bra­șov
Stadt
Schäß­burg/Si­ghi­șo­ara
Hermann­stadt, in­zwi­schen fest in ru­mä­ni­scher Hand – mit Eng­lisch kommt man als Tou­rist am bes­ten durch – prä­sen­tier­te sich ur­ban und welt­of­fen, Kron­stadt am Fu­ße der Kar­pa­ten wirk­te trotz der dort herr­schen­den Le­ben­­dig­keit be­schau­lich und ließ den al­ten k.u.k.-Charme durch­spü­ren, und Schäß­burg ver­setz­te ei­nen di­rekt ins Mit­tel­al­ter zu­rück. Der Ver­gleich mit Ro­then­burg o.T. hinkt ein we­nig, denn da­für ist Schäß­burg tou­ris­tisch nicht ge­nug aus­ge­schlach­tet. Da­ran än­dert auch nicht das so­ge­nann­te „Dra­cu­la-Haus“, wel­ches ein su­per­ge­müt­li­ches Res­tau­rant mit lau­schi­gem Kaf­fee­gar­ten ist. Eher zeich­net sich Schäß­burg durch sei­ne Au­then­ti­zi­tät aus und bie­tet da­durch ei­ne per­fek­te Ku­lis­se für His­to­rien­fil­me.
Wir besich­tig­ten die Kir­chen­bur­gen Tart­lau und Birt­hälm und wur­den mit ih­rer Ge­schich­te in ei­ne an­de­re Zeit und Kul­tur zu­rück­ver­setzt.
Burg
Kirchen­burg Tart­lau/Prej­mer
Museum
Schul­zimmer in Tart­lau
Turm
Kirchen­burg Birt­hälm/Bier­tan
Oben in der Mol­dau-Re­gion än­der­te sich mit der Land­schaft auch das Kli­ma deut­lich. Viel Grün, viel Wald, vie­le Klös­ter – und viel Feuch­tig­keit. Die Tem­pe­ra­tu­ren stürz­ten von schwü­len 33°C in Bu­ka­rest über an­ge­neh­me 24°C in Sie­ben­bür­gen auf sa­ge und schrei­be 8°C in Pia­tra Neamţ! Ei­nem ech­ten Wi­kin­ger be­rei­tet dies je­doch kei­nen Schmerz, und so mach­ten wir uns auf die „Eier-Rou­te“ und be­sich­tig­ten (selbst­ver­ständ­lich!) die Mol­dau-Klös­ter Mol­do­vi­ţa, Su­ce­vi­ţa und Vo­ro­neţ in der klas­si­schen Rei­hen­fol­ge.
Landschaft
Unvergesslich wird uns al­len die re­so­lu­te Schwes­ter Ta­tia­na blei­ben, die uns mit ih­rem La­ser­poin­ter die Au­ßen­ma­le­reien (Iko­nen – nicht Fres­ken!) er­klär­te. Aus Zeit­grün­den - sie hat­te be­reits seit den frü­hen Mor­gen­stun­den meh­re­re Tou­ris­ten­grup­pen durch­ge­schleust (auch Non­nen ha­ben Stress!) – blieb das Verb „se­hen“ kur­zer­hand auf der Stre­cke.
Landschaft
So rief ihr ste­tes „Kön­nen Sie ...?“ schon bald ei­fri­ges Kopf­ni­cken her­vor, ob­wohl es fast un­mö­glich war, dem grü­nen Punkt an der bun­ten Wand in die ver­schie­de­nen Rich­tun­gen zu fol­gen.
Kloster
Kloster­kir­che Su­ce­vi­ța
Fresken
Motiv am Klos­ter Mol­do­vi­ța
Kloster
Kloster­kir­che Vo­ro­neț
Da unser Reise­lei­ter es gut mit uns mein­te, und er in sei­nem Be­stre­ben, uns mö­glichst viel von sei­nem schö­nen Land zu zei­gen, fast kei­ne Gren­ze fand, wur­de noch das ei­ne oder an­de­re Klos­ter so­wie die ei­ne oder an­de­re „fa­kul­ta­ti­ve“ Wan­de­rung zu­sätz­lich ein­ge­scho­ben, an­ge­rei­chert durch zahl­rei­che Sa­gen und Le­gen­den der Re­gion und durch Ge­schich­­ten über die Men­schen die­ses Lan­des. Er er­mög­lich­te uns so man­chen Blick ins In­ne­re ih­rer Hüt­ten und Her­zen.
Käse
Feuer
Bett
Es waren berührende Momente, die unauslöschliche Eindrücke hinterlassen haben und in keinem Reiseführer nachzulesen sind; Begegnungen mit einer anderen, unbedingt erhaltenswerten Welt, weil sie einen sich auf das Wesentliche im Leben besinnen lässt und den Menschen statt Dinge in den Vordergrund schiebt.
Auge
Auge
Es gäbe noch so viel mehr zu er­zäh­len über un­se­re Er­leb­nis­se in die­sem Land, das nur ca. zwei Flug­stun­den von uns ent­fernt liegt.
Wäscheleine
RUMÄNIEN??? Was wollt ihr denn da?!
Beim nächs­ten Mal wer­den wir ant­wor­ten: Herr­li­che Berg­wan­de­run­gen in un­be­rühr­ter Na­tur ma­chen, sie­ben­bür­gi­sche Städt­chen er­kun­den, dem ehe­ma­li­gen Le­ben in Kir­chen­bur­gen nach­spü­ren, bunt be­mal­te mol­dau­ische Klös­ter be­stau­nen, durch die lieb­li­che Land­schaft der Bu­co­vi­na wan­dern, tra­di­tio­nel­le Hand­werks­kunst be­wun­dern, be­son­de­ren Men­schen be­geg­nen und be­we­gen­de Ge­schich­ten hö­ren. Kurz: ein Bün­del Ein­drü­cke sam­meln, die den Blick auf das wah­re Le­ben wie­der ge­ra­de rückt.
Blumen
Eines stand am En­de un­se­rer Rei­se je­den­falls fest: Wir kom­men wie­der! Denn die­se Rei­se, in der wir ge­fühl­te zwei Mo­na­te un­ter­wegs wa­ren, hat uns un­end­lich be­rei­chert. Und was wir in der Kür­ze der Zeit nur kurz be­schnup­pern durf­ten, wol­len wir beim nächs­ten Mal mit vol­len Zü­gen ge­nie­ßen!
Fahne
In diesem Sin­ne: La re­ve­dere şi să­nă­ta­te
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Aurelia L. Porter
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