Die Oster­ei­er der Bu­ko­wina


von Hermann Bret­schneider

Eimer
Hase
Eimer
Die Bukowina (zu deutsch Bu­chen­land) ist ei­ne his­to­ri­sche Land­schaft in Süd­ost­eu­ro­pa. Die nörd­li­che Hälf­te ge­hört zur Uk­ra­ine. Die süd­li­che Hälf­te um die Stadt Su­cea­va ge­hört zu Ru­mä­ni­en. Öst­lich der Bu­ko­wi­na liegt die his­to­ri­sche Land­schaft-Bes­sa­ra­bien, de­ren Haupt­teil die Re­pu­blik Mol­da­wien bil­det, nord­west­lich da­von Ga­li­zi­en. Die Bu­ko­wi­na ist be­rühmt für ih­re präch­tig be­mal­ten Klös­ter und die Tra­di­ti­on der be­mal­ten Os­ter­eier.
Portriat eines Mannes mit Mütze
Huțule aus Brodina direkt an der Grenze zur Ukraine
In vielen Stu­ben und Kü­chen sit­zen Men­schen meh­re­rer Ge­ne­ra­tio­nen ab Grün­don­ners­tag­nach­mit­tag bei­ei­n­an­der und be­ma­len mit al­ten Tech­ni­ken wun­der­schö­ne Os­ter­ei­er. Frü­her war das aus­schließ­lich Frau­en­ar­beit, aber heut­zu­ta­ge ha­ben sich auch Män­ner zu wah­ren Ei­er­künst­lern ent­wi­ckelt Ein­fach das Os­ter­ei in der Hand hal­tend, zeich­nen sie mit höchs­ter geo­me­tri­scher Prä­zi­si­on feins­te Li­ni­en, die mit far­bi­gem Wachs ko­lo­riert werden.
Ei
Pinsel
Ei
Für die Gestal­tung der Os­ter­ei­er ste­hen un­ter­schied­li­che Tech­ni­ken zur Ver­fü­gung. Neben den klas­si­sch ein­tö­nig ge­färb­ten Ei­ern gibt es bei­spiels­wei­se be­mal­te Os­ter­ei­er, die mit auf­ge­tra­ge­nem far­bi­gen Wachs ver­ziert wor­den sind (Wachs­bos­sier­tech­nik). Bei ei­ner äl­te­ren, sehr au­fwen­di­gen Tech­nik, der Wachs­re­ser­ve­tech­nik oder auch Wachs­ba­tik­tech­nik ge­nannt, wer­den Ver­zie­run­gen mit Wachs vor­ge­ge­ben, die dann durch mehr­ma­li­ges Ein­fär­ben der Os­ter­ei­er ein präch­ti­ges Mus­ter er­ge­ben. Da­rü­ber hi­naus gibt es noch die Kratz­tech­nik und die Ätz­tech­nik. Je­des ein­ze­lne Os­ter­ei ist ein ab­so­lu­tes Uni­kat, da die Ei­er zum ei­nen Na­tur­pro­duk­te sind, die ohne­hin ein­zig­ar­tig sind und da­rü­ber hi­naus per Hand­ar­beit ver­ziert werden.
Frau bemalt mit einem Pinsel ein Ei bemaltes Ei
Unsere Wirtin in Cio­ca­neștii zeigt und er­klärt uns die Mal­tech­nik
Da der Brauch des Os­ter­ei­er-Fär­bens ei­ner christ­li­chen Tra­di­tion ent­springt, wer­den häu­fig christ­li­che Mo­ti­ve wie zum Beis­piel das Kreuz o.ä. auf die Ei­er ge­malt. Auch die ein­zel­nen Far­ben auf dem Os­ter­ei ha­ben je­weils ih­re ganz spe­ziel­le Be­deu­tung. So steht zum Bei­spiel rot für das Blut Je­su Chris­ti, blau für den Him­mel und schwarz für die Ewig­keit.
bemaltes Ei
Die bemalten Os­ter­ei­er eig­nen sich je­doch nicht nur zu De­ko­ra­tions­zwe­cken, son­dern gel­ten au­ßer­dem als weit­ver­brei­te­tes Freund­schafts- und Lie­bes­ge­schenk. Auch die­se Be­deu­tung ent­spricht dem christ­li­chen Glau­ben, da die Jung­frau Ma­ria als Zei­chen ih­rer Lie­be und müt­ter­li­chen Zu­nei­gung ei­nen Korb voll Ei­er an das Kreuz Je­su Chris­ti ge­tra­gen ha­ben soll. Die Ei­er sol­len sich an­schlie­ßend durch das Blut Je­su, das auf sie he­rab tropf­te, rot ge­färbt ha­ben. In der Frü­he des Os­ter­sonn­tags wäscht sich die gan­ze Fa­mi­lie in ei­ner Schüs­sel, auf de­ren Grund ei­ne Sil­ber­mün­ze und na­tür­lich ein Os­ter­ei liegt - die Mün­ze bringt Reich­tum und das Ei Ge­sund­heit und Fri­sche. In der Hei­li­gen Mes­se am Os­ter­sonn­tag se­gnet der Pfar­rer die in ei­nem Korb lie­gen­den Os­ter­ei­er. Nach der Mes­se schla­gen die Dorf­be­woh­ner die Ei­er an­ei­nan­der - zu­nächst der Ehe­mann mit sei­ner Frau, dann al­le Be­kann­ten und Freun­de. Bei je­dem Zu­sam­men­schla­gen wün­schen die bei­den Part­ner ei­nan­der Glück und Ge­sund­heit.
Eier
Wessen Ei beim Zu­sam­men­schla­gen schnel­ler bricht, der wird frü­her ster­ben - so je­den­falls der Aber­glau­be. Die Ei­er­scha­len wer­den dann in den Fluss ge­wor­fen, der soll die gu­te Nach­richt von der Auf­er­ste­hung Chris­ti in al­le Welt hi­naus­tra­gen. Nach dem Ei­er­schla­gen wer­den die Ei­er na­tür­lich ge­ges­sen. Ein ge­seg­ne­tes Os­ter­ei soll das Glück, die Ge­sund­heit und - al­le Jung­ver­mähl­ten her­ge­hört - die Frucht­bar­keit för­dern. Oh­ne Os­ter­ei­er ha­pert's mit dem Kin­der­krie­gen. Heut­zu­ta­ge wer­den in der Bu­ko­wi­na re­gel­rech­te Wett­be­wer­be im Os­ter­ei­er­bre­chen or­ga­ni­siert. Der be­kann­tes­te wird in Gu­ra Hu­mo­ru­lui ab­ge­hal­ten. Mehr als 150 Män­ner schla­gen Ei­er an­ei­nan­der. Der Kämp­fer, des­sen Ei am längs­ten über­lebt, ge­winnt den Fight. Am En­de muss auch der Sie­ger sein Ei zer­bre­chen. Nur so lässt sich prü­fen, ob al­les mit rech­ten Din­gen zu­ge­gan­gen ist. Dem stol­zen Sie­ger winkt als Preis ein - wie könn­te es an­ders sein - ein Os­ter­lamm.
Frau steht vor einem Regal voller Eier Frau hält ein Ei mit einem Werkzeug in die Kamera
Im Ostereiermuseum von Cio­ca­neștii
Die bekanntesten Oster­ei­er­märk­te fin­den in Bis­tri­ța, Su­cea­va und Iași statt. Hier tref­fen sich all­jähr­lich die be­rühm­tes­ten Ei­er­ma­ler und tau­schen ih­re Er­fah­run­gen aus. Selbst­ver­ständ­lich kommt bei al­ler Fach­sim­pe­lei auch der Han­del mit die­sen be­gehr­ten Ob­jek­ten nicht zu kurz.
Farbtöpfer
In einigen Orten der Bu­ko­wi­na wird die Tra­di­tion des Os­ter­ei­er­ma­lens in lie­be­voll ein­ge­rich­te­ten Mu­seen do­ku­men­tiert. In Mol­do­vi­ța so­wie in Va­ma gibt es je­weils ein gro­ßes Pri­vat­mu­se­um. In Mol­do­vi­ța stellt die Fa­mi­lie Con­dra mehr als 2000 schön be­mal­te Ei­er aus. In Va­ma lebt ganz und gar die be­rühm­tes­te Ei­er­ma­le­rin der Welt. Sie heißt Le­ti­ția Or­sivschi und be­sitzt die größ­te Os­ter­ei­er­kol­lek­tion von ganz Ru­mä­ni­en - über 3.500 Stück. Wer jemals nach Va­ma kom­men soll­te - un­be­dingt bei Le­ti­ția vor­bei­schauen.
Huhn steht in der Eingangstür Autor steht neben einer Frau und hält mit strahlendem Gesicht eine Handvoll bemalter Eier in der Hand
Von der Produktion direkt in den Handel — 1,50 € das Stück
Huhn
Weitere Museen kön­nen in Cam­pu­lung, Mol­do­ve­neșc und Cio­ca­nești be­sucht wer­den. Cio­ca­nești or­ga­ni­siert au­ßer­dem das größ­te Ei­er­ma­ler­tref­fen von ganz Ru­mä­ni­en. Übri­gens ei­nes die­ser herr­li­chen Klein­ode ist schon ab ei­nem Eu­ro zu ha­ben. Al­so nichts wie hin. So güns­tig kommt nie­mand zu ei­ner höchst at­trak­ti­ven Os­ter­de­ko­ra­tion.
Hier noch ein äl­te­rer et­was tech­ni­scher Ad­vents­ka­len­der­bei­trag zum The­ma Os­ter­eier.
Zurück-Button