König und Kaiser


Geschichten aus der bunten Welt der Romas

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Fällt das Wort Rumänien denkt man so­fort an ein Land im Os­ten und oft kommt der Ge­dan­ke an Graf Dra­cu­la auf und ver­leiht dem klei­nen Erd­fleck ei­ne ge­heim­nis­vol­le No­te. Er­in­ne­run­gen wer­den wach an ein bunt ge­misch­tes Völk­chen, wel­ches auf bei­den Sei­ten des Kar­pa­ten­bo­gens lebt. Doch eben­so er­wäh­nens­wert wie die Men­schen, das Le­ben und die Kul­tur in die­sem Lan­de, sind auch die meist mys­ti­schen oder lus­ti­gen Ge­schich­ten über die Be­son­der­hei­ten der dort le­ben­den Ro­mas und Sin­ti. Ob­wohl in den Me­dien oft un­ter­schied­li­che Mel­dun­gen aus der Ro­ma­welt kur­sie­ren, so hat doch je­de Ge­schich­te ei­nen wah­ren Kern, den je­der für sich glaub­haft zu ma­chen ver­mag.
Cioaba Ioan, der selbst­er­nann­te "Kö­nig al­ler Ro­ma", starb 1997 im Al­ter von 62 Jah­ren. Fünf Jah­re lang ge­noss er sei­ne Er­nen­nung zum "In­ter­na­tio­na­len Kö­nig al­ler Ro­ma" durch meh­re­re Ro­ma-Or­ga­ni­sa­tio­nen in Ru­mä­nien. Er war der Grün­der der "Par­tei der Ro­ma, Kes­sel­schmie­de und Wan­der­ro­ma" und war als ei­ne schil­lern­de Fi­gur un­ter den Ro­ma Po­li­ti­kern sehr um­strit­ten.
Sein Sohn, Häupt­ling Flo­rin Cioa­ba, woll­te ihm wohl in Nichts nach­ste­hen und zau­ber­te bei der Hoch­zeit sei­nes Soh­nes blitz­schnell ge­gen En­de der Ze­re­mo­nie ei­ne Kro­ne aus dem Ge­wand. Die­se setz­te er sich auf den Kopf und ließ sich vom ver­blüff­ten Pries­ter den Se­gen ge­ben. Das hat dem Va­ter der Braut, Iu­lian Ra­du­les­cu, gar nicht ge­fal­len. Kur­ze Zeit spä­ter ließ sich Häupt­ling Ra­du­les­cu zum Kai­ser pro­kla­mie­ren, denn ein Kai­ser macht mehr her als ein ein­fa­cher Kö­nig. So hat­te "Ru­mä­nien" plötz­lich ei­nen Kö­nig und ei­nen Kai­ser.
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Sie residieren beide in Si­biu und sind die Herr­scher über zwei Ro­ma­stäm­me. Nun hal­ten bei­de in Hin­ter­hö­fen mit ro­ten Tep­pi­chen, Zep­ter und auf ei­nem Thron sit­zend Hof und spre­chen über ihr Volk Recht. Kai­ser und Kö­nig sind ein­an­der spin­ne­feind seit die­ser Hoch­zeit. Sie strit­ten un­ter an­de­rem um die Mit­gift der Braut, um vie­le Gold­stü­cke. Oft und ger­ne be­tont Kö­nig Cioa­ba, dass die Er­nen­nung zum Kai­ser sei­nes po­li­ti­schen Ge­gners, Iu­lian Ra­du­les­cu, der so­gar sein On­kel sein soll, ab­so­lut nicht ge­recht­fer­tigt sei, da dies­er auf ei­nen so be­kann­ten Va­ter und Kö­nig nicht zu­rück­bli­cken könn­te. Doch wenn zwei sich strei­ten, freut sich der Drit­te, muss­te sich ver­mut­lich Ilie Sta­nes­cu ge­dacht ha­ben, denn ei­nes Ta­ges ließ er sich in der "Ma­nas­tirea Cur­tea de Ar­ges" zum In­ter­na­tio­na­len Kö­nig krö­nen und wur­de so­mit der drit­te Ro­ma­kö­nig im Bun­de. Doch Kö­nig Cioa­ba ver­schaff­te sich end­lich et­was Luft und ver­kün­de­te, dass Kai­ser Iu­lian be­reits zu­ge­ge­ben ha­be, dass die neue Krö­nung von ihm als Kai­ser ge­neh­migt wur­de, nur weil er sich mit 10 Mil­lio­nen und zwei Hüh­nern hat be­ste­chen las­sen und folg­lich ei­ne Mas­ke­ra­de sei.
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Doch letztendlich kam die Rei­he wie­der an Flo­rin Cioa­ba ne­ga­tiv in der Pres­se er­wähnt zu wer­den. Denn die­ser Kö­nig der Ro­ma hat 2003 sei­ne Toch­ter, de­ren Al­ter zwi­schen 12 und 14 Jah­ren ge­schätzt wird, mit ei­nem 16 Jäh­ri­gen aus ei­ner be­tuch­ten Ro­ma­fa­mi­lie ver­hei­ra­ten las­sen. Cioa­ba war da­durch in das Licht der in­ter­na­tio­na­len Me­dien ge­rückt, so dass so­gar die Mei­nun­gen der Ru­mä­nen in die­sem Fall sehr stark aus­ein­an­der gin­gen. Ei­ne sol­che Hei­rat soll­te ei­gent­lich als Tra­di­tion der Ro­mas to­le­riert wer­den, doch über­all flamm­ten vie­le Spe­ku­la­tio­nen um ei­ne even­tuel­le Zwangs­hei­rat des jun­gen Braut­paa­res auf. Ei­ne stan­des­amt­li­che Trau­ung wur­de ih­nen im Vo­raus ver­wei­gert, weil das Al­ter des Braut­paa­res nicht den Ge­set­zen ent­sprach. So konn­te der Vor­wurf ei­ner il­le­ga­len Hei­rat von Kö­nig Cioa­ba ab­ge­wehrt wer­den, au­ßer­dem hat­te er sel­ber das Paar kirch­lich ge­traut, so wie es bei den Ro­mas schon im­mer Gang und Gebe war.
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Auf dem Hochzeitsfoto ist un­ter an­de­rem auch "Kö­ni­gin" Ma­rica, die Ge­mah­lin Flo­rin Cioa­bas zu se­hen.
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