Besuch im Zigeunerdorf

- Hausbau -

brennende Kerze
Haus mit eingefallener Vorderfront

Auf Grund der Regenfälle im Frühjahr wurden viele Lehmhäuser aufgeweicht und sind dann zusammengebrochen. Dieses Haus beherbergt eine 8-köpfige Familie, welche in einem einzigen Raum lebt. Der Vater ist kein Alkoholiker und die älteren Kinder gehen zur Schule.

Monatseinkommen: ca. 50 €

Blick in den Innenraum des verfallenen Hauses
Hinter den Decken haben sie ein Notquartier errichtet, in dem sie nun wohnen.
Vorderteil des Hauses mit abgehängetn Decken
Der vordere Teil des Hauses, in dem eine andere Familie wohnt, wird ebenfalls bald zusammenbrechen. Man muß nur den schiefen Pfeiler genauer betrachten.
Kind krabbelt unter ein Bett
Hier macht sich jemand auf die Suche...
Herdplatte im Freien auf Ziegelsteine gestützt
Die Küche ist meistens kalt. Einmal war ich dort, da gab's Brot in Wasser aufgeweicht.
Gesicht eines Mädchens vor herausgebrochener Hauswand
Eine andere Familie, die in einem Betonbunker wohnt ohne Strom, Klo und Wasser. (ebenfalls ca. 6 Kinder)

Ich habe lange gezögert etwas zu tun, da es nicht die Aufgabe von Ausländern ist, ständig zu helfen. Es muss einmal auch Hilfe von den eigenen Leuten, der Gemeinde, der Landesregierung oder der Regierung aus Bukarest kommen.

Aber leider kommt nichts.

Die EU stellt 6 Milliarden Euro für die Zigeuner zur Verfügung, aber erst müsste jemand ein Projekt entwickeln, danach müsste die Gemeinde, oder jemand anders vom Staat, eine 30%-ige Eigenleistung erbringen.

Dieser Jemand, der sowohl die Not sieht, als auch die Bedürfnisse erahnt, egal ob es die der Zigeuner oder der Rumänen ist, muss leider noch erfunden werden. Denn die Gemeinde hat das Vermögen nicht, um 30 % Eigenleistung zu erbringen.

Also geht das Geld wieder zurück nach Brüssel.

Nach langem Verhandeln und Drängen war die Gemeinde bereit, dem Vater der Familie eine komplett desolate Toilette zum Abriss zu übergeben, damit er die Ziegeln daraus nehmen kann. Er bekam auch Holz für den Dachstuhl.

verfaultes Holz
Allerdings war dieses Holz so verfault, dass es kaum als Brennholz taugte.
Insgesamt hat die Familie fast 6 Monate in freier Wildbahn zugebracht. Als es kälter wurde, hat die Mutter 2 Betten aufgestellt, damit wenigstens die Kinder ein Dach über dem Kopf haben. Die größeren Kinder sind dann morgens aus diesem Verschlag gekrochen und sind direkt zur Schule gegangen.
provisorisches Bett im Freien mit Holzbrettern als Dach
So sah die provisorische Behausung der Kinder aus.
Tisch und Bett vor zusammengefallenem Haus
Vorne ist der Tisch als "Esszimmer" zu erkennen, dahinter der Verschlag als Kinderzimmer und ganz hinten ist der Neubau des Hases zu sehen mit einer Fläche von 5 x 4 Meter. Inzwischen steht das Haus und ist auch innen fertig ausgemalt, davon habe ich jedoch keine Fotos. Es war schon Freude genug, als die Familie das erste Mal wieder in den 4 Wänden schlafen konnten, auch wenn diese noch unverputzt waren, so wie auf dem unteren Foto deutlich zu erkennen ist.
zwei Häuser in desolatem Zustand
Betten auf Fußboden im unverputzem Ziegelhaus

Das kleinste der Kinder ist etwas älter als 1 Jahr. Damit wenigstens dieses Kind ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen hat, während der Zeit, als noch am Haus gebaut wurde, hat es die Mutter ins Spital gebracht.
Nach ein paar Wochen ist die Fürsorge gekommen und hat die Eltern aufgefordert, das Kind zu holen, da es sonst zur Adoption freigegeben wird.

Auf die Frage der Mutter, wo denn das Kleinkind in dem vorhandenen Chaos schlafen solle, meinte die Fürsorgerin frech: Legt es halt auf die Wiese.

Nachdem die Eltern das Kind nicht abgeholt haben, brachte es die Fürsorge vom Spital zu ihnen und legte es tatsächlich auf die Wiese. Daraufhin bauten die Eltern den Verschlag, der auf dem Foto zu sehen ist.

Diese Geschichte ist kein Einzelfall. Erst gestern wurde mir ähnliches aus einem ca. 400 km weit entfernten Ort berichtet, in dem komplette Familien unter Polizeigewalt auf die Straße geworfen wurden.

Diese Geschichte ist nicht dafür gedacht, um nun eine Welle des Mitleids zu entfachen, oder, um Spenden zu sammeln. Es liegt schließlich nicht am Geld, weshalb das hier so ist.

Es ist ein Mangel an Hausverstand und Mitgefühl. Dieses sind die Probleme, welche die Leute hier haben.

Im Westen empfinde ich es eigentlich noch schlimmer, nur merkt man es dort nicht so sehr.
Alleine durch die Nahrung und Medikamente sterben im Westen mehr Leute, als hier im Osten, wo sie durch die Armut an Mangelerscheinungen erkranken, oder nun im Winter wieder erfrieren werden.

Also gleicht es sich wieder aus.

Bernhard

Häuser
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