Die Basilika und die Heiligen Märtyrer von Niculiţel


von Carmen und Costel Mocanu

Ikonen
Anmerkung: Im Jahr 1833 mach­ten drei Mön­che aus Mol­do­va, die auf dem Rück­weg vom Berg Athos und un­ter­wegs zum Klos­ter Neamţ wa­ren, Rast in Do­bro­gea. Nachts hat­ten al­le den­sel­ben Traum: Ein Hahn be­fahl ihnen, auf der Stel­le, wo sie ge­näch­tigt hat­ten, ein Klos­ter zu er­bau­en. Weil sie fan­den, dass dies ein gött­li­ches Zei­chen sei (Pe­trus ist eben­falls ein­mal als Hahn im Traum er­schie­nen), ha­ben sie so­fort mit dem Bau des Got­tes­hau­ses be­gon­nen. Dies ist nur ei­ne Le­gen­de, die die Ent­ste­hung des Klos­ters Co­coş (Hahn) be­schreibt. Ei­ne an­de­re Ge­schich­te er­zählt, dass man auf dem Hü­gel, auf dem das Klos­ter liegt, ei­nes Nachts den Ruf ei­nes Hahns so­wie ei­ne Toa­că (in Klos­tern ver­wen­de­tes Holz­stück, auf dem mit zwei Holz­häm­mer­chen zur An­dacht "ge­ru­fen" wird) ge­hört ha­be.
Am 4. Juni feiern or­tho­do­xe Ru­mä­nen die hei­li­gen Mär­ty­rer Zo­tic, Atal, Ca­ma­sie und Fi­lip von Ni­cu­li­ţel, de­ren Re­li­quien im Jahr 1971 ent­deckt wor­den sind. Die Ent­de­ckung wur­de ge­macht, nach­dem Re­gen ei­ne nord­west­lich ge­le­ge­ne Stel­le auf dem Hü­gel "Pia­tra Ro­şie" (ro­ter Stein/Fel­sen) rein­ge­wa­schen hat­te. Die­se Stel­le wird von den Ein­hei­mi­schen "La Plă­cin­tă" ("bei der Pas­te­te") ge­nannt und liegt im Ort Ni­cu­li­ţel (Ju­deţ Tul­cea).
Kirche
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In einem hügeligen, wald­rei­chen Ge­biet ge­le­gen, sticht der Ort Ni­cu­li­ţel durch die Viel­zahl sei­ner noch un­ent­deck­ten ar­chäo­lo­gi­schen Über­blei­bsel her­vor.
Kirche
An einem Ort, der von den Ein­hei­mi­schen "La Plă­cin­tă" ge­nannt wird, gab es vor nur ei­ni­gen Jah­ren ei­ne Bo­den­er­hö­hung. Die Al­ten sag­ten, dass es sich um ei­ne An­samm­lung von Stei­nen, Zie­gel­stei­nen und so­gar ver­fal­le­nen Mau­ern han­de­le. Das nach au­ßen sicht­ba­re Mau­er­werk wur­de zum Neu­bau von Häu­sern ver­wen­det; Re­gen und Hoch­was­ser der letz­ten Jah­re spül­ten den Bo­den ab, so dass 1971 ein Teil einer Kryp­ta-Kup­pel zum Vor­schein kam. Die Dorf­be­woh­ner be­schä­dig­ten die Kup­pel so­wie ei­nen Teil der Mau­ern mit ih­rem Stein­werk­zeug. Am 29. Sep­tem­ber des sel­ben Jah­res hol­ten Aus­gra­bun­gen bei Ni­cu­li­ţel die Kryp­ta der vier Mär­ty­rer her­vor.
Es handelt sich um eine christ­li­che Ba­si­li­ka mit drei Schif­fen, 60 Grad NNW orien­tiert, von de­nen bis­her nur die Grund­mau­ern der halb­run­den Ab­si­dă (Ni­sche des Al­tars) so­wie ein klei­ner Teil des Naos (= Ge­mein­de­raum zwi­schen der Vor­hal­le und dem Al­tar­raum) ent­deckt wur­den. Die­se Art von Ba­si­li­ka mit den drei Schif­fen kom­men in der Do­bro­gea vor und fin­den ih­re Ana­lo­gie in His­tria, To­mis, No­vio­du­num und Tro­pae­um.
Anmerkung: Das römische Sie­ges­denk­mal von Adam­cli­si oder Tro­pae­um Trai­ani liegt in Do­bro­gea, na­he ei­nem an­ti­ken Ort, der, wie das Mo­nu­ment, "Tro­pae­um Tra­iani" hieß (spä­ter Adam­cli­si). Das Tro­pae­um Trai­ani wur­de, wie aus der zum Bau ge­hö­ri­gen In­schrift her­vor­geht, dem Mars Ul­tor ge­weiht und 108/109 n. Chr. er­baut, es stammt al­so aus der Zeit Kai­ser Trai­ans und steht in Zu­sam­men­hang mit den krie­ge­ri­schen Aus­ei­nan­der­set­zun­gen zwi­schen dem rö­mi­schen Reich und den Da­kern.
Der Altar befindet sich über ei­ner Kryp­ta auf tra­pe­zoi­der Ebe­ne, mit der gro­ßen Ba­sis nach in­nen ge­rich­tet. Die Di­men­sio­nen der Ba­si­li­ka las­sen ver­mu­ten, dass es sich nicht "ein­fach nur" um ir­gend­ei­ne Kir­che han­delt, son­dern um ei­ne ech­te Ka­the­dra­le (viel­leicht so­gar um ei­ne Bi­schofs­kir­che - wie schon ver­mu­tet) oder die Kir­che ei­nes Klos­ters.
Kirche
Experten haben heraus­ge­fun­den, dass der Ort be­son­ders gu­te Be­din­gun­gen zur Grün­dung ei­nes Klos­ters bot. Die Rui­nen der Wohn­stät­ten in der Nä­he der Kir­che vom Hü­gel "Ce­ta­tuia" (11-12. Jh.) wur­den als Mönchs­zel­len iden­ti­fi­ziert. Hier wur­de auch das Grab ei­nes Mönchs (das Ske­lett hat­te un­ter sei­nem Kopf ei­nen Zie­gel­stein lie­gen) ent­deckt.
Die Krypta hat im Zu­ge der Ent­de­ckun­gen von Ni­cu­li­ţel ei­ne be­son­de­re Rol­le im his­to­ri­schen und re­li­giö­sen Zu­sam­men­hang in­ne. Sie stellt die bis heu­te äl­tes­te Kon­struk­tion die­ser Art dar. Wäh­rend der ar­chäo­lo­gi­schen Un­ter­su­chun­gen fand man den Ein­gang blo­ckiert und ver­putzt vor. An der Schwel­le fand man ei­ne Mün­ze mit ei­nem kaum er­kenn­ba­ren Kreuz, die die Er­bau­ung der Ba­si­li­ka so­wie der Kryp­ta auf die Zeit des Kö­nigs Teo­do­sie II (408-450) da­tie­ren wür­de. Die in­ne­ren Wän­de der Kryp­ta ha­ben ei­ne halb­run­de Form, die Wän­de sind mit Kalk­putz und Sand ver­putzt.
Im oberen Abschnitt der Wän­de links und rechts des Ein­gangs sind Schrif­ten ein­gra­viert. Je­de Schrift be­ginnt mit ei­nem Kreuz. Die Schrift links: † die Mär­ty­rer des Chris­tus; die Schrift rechts: Die Mär­ty­rer Zo­ti­cos, At­ta­los, Ka­ma­sis, Fi­lip­pos.
Kirche
Kirche
Das Kreuz, wie es jetzt an der Wand der Kryp­ta in Ni­cu­li­ţel ein­gra­viert ist, taucht im­mer wie­der auf ei­ni­gen christ­li­chen Mo­nu­men­ten aus der rö­misch-by­zan­ti­ni­schen Epo­che auf. Die Schreib­wei­se ist ty­pisch für das vier­te bis fünf­te Jahr­hun­dert.
Weitere in der Krypta ent­deck­te Ob­jek­te wur­den in der un­ter­ir­di­schen Kam­mer ge­fun­den. Es han­delt sich um zwei Op­fer­ge­fä­ße: ei­ne schwarz-graue Scha­le, ty­pisch für das vier­te bis fünf­te Jahr­hun­dert, mit Mör­tel­res­ten - der Be­weis für ih­re Plat­zie­rung wäh­rend des Kryp­ta-Baus. Das an­de­re ist ein ku­gel­för­mi­ges, zie­gel­ro­tes Ge­fäß mit run­dem Bo­den, ty­pisch für die Ke­ra­mik­kunst der spät­ro­ma­ni­schen Zeit aus dem fünf­ten und sechs­ten Jahr­hun­dert.
Die Gebeine der vier heiligen Mär­ty­rer - die ers­ten, die auf ru­mä­ni­schem Ter­ri­to­rium ge­fun­den wur­den
Im Inneren der Krypta wur­de ein recht­ecki­ger Sarg ge­fun­den, in dem sich die nach­ei­nan­der hi­nein­ge­leg­ten Ske­lett­kno­chen der vier Mär­ty­rer be­fin­den, mit den Köp­fen zum Ein­gang hin wei­send. Jeg­li­che Klei­dung fehlt. Die Ge­be­ine der vier sind noch recht gut er­hal­ten, ob­wohl sie im Brust- und Schä­del­be­reich schon sehr ab­ge­tra­gen sind. Die Ar­me und Bei­ne sind bes­ser er­hal­ten. Die feh­len­de Klei­dung und der Grab­bei­ga­ben, die Art der Bei­set­zung, die Ein­fach­heit der In­schrif­ten - dies al­les deu­tet da­rauf hin, dass die Mär­ty­rer be­schei­de­ne Men­schen ge­we­sen sind.
Heute ehrt man sie je­des Jahr am 4. Ju­ni, in­dem ein Pil­ger­weg der Re­li­quien vom Klos­ter Co­coş nach Ni­cu­li­ţel statt­fin­det. In Jah­ren der Tro­cken­heit "rei­sen" die Re­li­quien durchs Land, da sie als re­gen­brin­gend gel­ten.
Anmerkung: Dadurch, dass die Ge­bei­ne durch Re­gen­fäl­le zum Vor­schein ge­kom­men sind, ist der Kult da­rum eng an den Re­gen ge­bun­den. So­wohl bei Tro­cken­heit, als auch bei Über­schwem­mun­gen, wird den hei­li­gen Re­li­quien die Kraft zu­ge­spro­chen, das rich­ti­ge Wet­ter zur rich­ti­gen Zeit zu ver­mit­teln.
© by Carmen & Costel Mocanu, Über­set­zung: Lucia ...
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