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Ein Ausflug ins Paradies


von Wilhelm Scherz

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Männer vor einem Heuschober
Die mitwandernden Prä-Senioren (v.l.n.r.): Hans, Frank, Eberhardt, Thomas und Willi!
Das Paradies - ein Be­griff, aus dem Alt­per­si­schen stam­mend und so­viel be­deu­tend wie ei­ne "Um­zäu­nung" oder ein sich "ab­gren­zen­der Park". Die­se da­mals noch ir­di­sche Fas­sung war schon be­deu­tend für et­was wert­vol­les, schö­nes, dien­ba­res. ... Im Al­ten Tes­ta­ment fin­den wir die­se Be­zeich­nung wie­der, mit der nä­he­ren Um­schrei­bung von "Park, Baum­gar­ten, Lust­hof". ... Spä­ter tritt der Be­griff "Pa­ra­dies" in Ver­bin­dung zu Gott, den Herrn in Er­schei­nung, wie et­wa je­ner Lust­gar­ten, dem der ers­te Mensch vor dem Sün­den­fall aus­ge­setzt wur­de. Ein rein­weg re­li­giö­ser Fach­be­griff wur­de das Pa­ra­dies aber erst im Neu­en Tes­ta­ment und der jü­di­schen Li­te­ra­tur je­ner Zeit. ...
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An dieser Stelle aber wol­len wir ge­mein­sam zu­rück zu den Ur­sprün­gen des Pa­ra­die­ses ge­hen, al­so zu­rück auf un­se­re Er­de, zu­rück auf das jet­zi­ge Le­ben, zu­rück zu un­se­ren ge­fühl­ten Sehn­süch­ten, die nicht un­er­reich­bar - weil ir­den sind, zu­rück zu den küm­mer­li­chen Res­ten noch be­ste­hen­der Ro­man­tik in­ner­halb un­se­rer ein­ge­tü­te­ten, ka­te­go­ri­sier­ten, leis­tungs- und ge­winn­ori­en­tier­ten In­dus­trie­sphä­re, in­ner­halb de­rer uns das ir­di­sche Pa­ra­dies bei­na­he schon so fern zu sein scheint, wie je­nes des einst Gott-be­zo­ge­nen und rein­weg re­li­giö­sen jün­ge­rer, neu­tes­ta­men­ta­ri­scher Zeit. ...
In dieser letzt­ge­nann­ten Fas­sung ver­lieh man dem Be­griff "Pa­ra­dies" ei­nen glo­ba­li­sier­ten Sta­tus, der sich sei­ner Ur­sprün­ge weit ent­fernt hat­te und ei­ner Ver­ideo­lo­gi­sie­rung un­ter­le­gend, letzt­end­lich nur noch Mit­tel zum Zweck, eben ei­ner be­stimm­ten Sa­che dien­bar war. ...
Wir kennen das aus un­se­rer In­dus­trie­ge­sell­schaft und im­mer wenn wir Din­ge über ei­nen ge­wis­sen Zeit­raum "über­ent­wi­ckelt" und ver­frem­det, ver­che­mi­siert bis hin zu gen­ma­ni­pu­liert ha­ben, tritt ir­gend­wann die Rück­be­sin­nung auf das Ir­di­sche, das Ur­sprüng­li­che ein - das so­ge­nann­te Öko-Prä­di­kat! Wir ver­wen­den es für al­ler­lei Pro­duk­te und Er­zeug­nis­se, aber nicht für ver­än­der­te und ver­fälsch­te Be­grif­fe un­se­rer Spra­che. Wa­rum ei­gent­lich nicht? Des­we­gen wol­len wir ei­nen Ver­such wa­gen, dem Be­griff "Pa­ra­dies" ein Öko-Prä­di­kat zu ver­lei­hen:
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So kam es, dass ei­ne Grup­pe leicht ge­al­ter­ter Her­ren, sich zu ei­ner ge­mein­sa­men Kar­pa­ten­tour ent­schloss. "Ge­mein­sam" hiess es zu­nächst "An- und Ab­rei­se" und auch wenn die­se sich un­ter­wegs das ei­ne und an­de­re mal für un­ter­schied­li­che We­ge ent­schie­den, so war al­len post­vi­ta­len Se­nio­ren klar: Das Pa­ra­dies zum En­de der Tour woll­ten sie in je­dem Fal­le ge­mein­sam er­le­ben. ...
Auf abgelegenen Hö­hen in ei­ner Karst­re­gion der Süd­kar­pa­ten be­fin­det sich die­ser Fle­cken Er­de, den man nur zu Fuss er­reicht. So stie­gen die wa­cke­ren Her­ren mit ih­­rem ge­sam­ten "Haus­rat" über ver­steck­­te Pfa­de aus dem "Bö­sen Tal" em­por, um - dem Him­mel nä­her - das Pa­ra­dies zu fin­den. Das dies kei­ner Re­li­gion be­durf­te war al­len Mit­wan­dern­den be­reits klar, als sie aus dem Wald he­raus stap­fend das Pla­teau er­­reich­ten. Wei­te Heu­wie­sen, klei­ne Hüt­ten, ei­ne idyl­li­sche Ru­he und kein ein­zi­ges Merk­mal un­se­rer In­dus­trie­kul­tur (Elek­tro­tras­sen, Stra­ssen, Su­per­märk­te, In­dus­trie­ge­bäu­de. ...
Hier waren wir bereits am Ziel ei­ner ur­al­ten mensch­li­chen Kul­tur, die den Fa­mi­lien­ver­bän­den ein voll­stän­di­ges Le­ben über Jahr­hun­der­te si­cher­te - im Ein­klang zwi­schen Mensch, Vieh und Land. ... Ein Ge­ben und Neh­men, dass im Grun­de ge­nom­men für die Ewig­keit Be­stand ha­ben könn­te, wür­de nicht das heu­ti­ge, ur­ba­ne Le­ben im Tal an­de­re Ver­lo­ckun­gen bie­ten.
Berglandschaft
Das Tal aus dem wir zum Pa­ra­dies hi­nauf­stei­gen woll­ten, ei­gne­te sich al­lein vom Na­men her: Va­lea Rea (Bö­ses Tal). Mit die­sem "höl­li­schen" Aus­gangs­punkt ge­lang uns auch ein sym­bo­li­scher Über­gang vom re­li­giös Ver­klär­ten zum ir­disch Rea­len. Frei­lich "durch­lie­fen" selbst un­se­re kräf­tigs­ten Re­cken beim Auf­stieg ei­ne Stre­cke der Be­wäh­rung - d.h. kör­per­li­che An­stren­gung war hier das Maß al­ler Din­ge!
Berglandschaft
Auf den Höhen des umlie­gen­den Berg­lan­des an­ge­kom­men, er­öff­ne­te sich uns ein völ­lig an­de­res Land­schafts­bild. Bis zum Pa­ra­dies wa­ren es jetzt nur noch we­ni­ge Ki­lo­me­ter.
Berglandschaft
Geschafft!
Nach einer Genuss­wan­de­rung auf dem hie­si­gen Pla­teau er­reich­ten wir die­se schö­ne Karst­sen­ke. Im Hin­ter­grund en­det das Tal und der klei­ne, in Kur­ven ver­lau­fen­de Bach ver­schwin­det dort gur­gelnd in den Tie­fen des Kalk­steins. Ge­nau dort wer­den wir un­se­re Zel­te auf­schla­gen, um spä­ter sa­gen zu kön­nen: "Ei­ne Nacht hab ich im Pa­ra­dies ver­bracht!"
Berglandschaft
Die klassischen Umzäunun­gen er­in­nern uns an die alt­per­si­schen Deu­tun­gen des Pa­ra­die­ses. Die Wie­sen im Tal die­nen vor­ran­gig der Heu­ern­te und so legt hier je­de wirt­schaf­ten­de Fa­mi­lie das Fut­ter für die Scha­fe an, die den Win­ter über hier oben ver­blei­ben und ver­sorgt wer­den. Zu­meist sind es die Al­ten, die wäh­rend die­ser Zeit die klei­nen bäu­er­li­chen An­we­sen ver­sor­gen.
Berglandschaft
Unser Zeltplatz im Her­zen des Pa­ra­die­ses! Nach dem Auf­bau der Zel­te ge­noss je­der der mit­wan­dern­den Freun­de die­se traum­haf­te Land­schaft auf sei­ne Wei­se, die ei­nen blie­ben am Zelt und ge­nos­sen die Stim­mung buch­stäb­lich "vor Ort", an­de­re zo­gen sich nach ei­ner Kaf­fee- und Țui­că-Pau­se er­neut die Wan­der­schu­he an, um die un­mit­tel­ba­re Um­ge­bung zu er­kun­den. ...
Berglandschaft
Auf dem "Boden" des Pa­ra­die­ses herrscht ei­ne son­der­ba­re Stim­mung: hier strei­fen Scha­fe, Pfer­de, Kü­he und Schwei­ne in fried­li­cher Ein­tracht um­her. Ein Freund, mit dem ich vor ei­ni­gen Jah­ren ein­mal hier vor­bei­kam und der selbst von ei­nem Bau­ern­hof stammt, gab mir zu ver­ste­hen, dass er noch nie so stress­freie Tie­re ge­se­hen hät­te. ...
Berglandschaft
Im Paradies herrscht auch ei­ne gu­te Fee. Die­se al­te Da­me wirt­schaf­tet hier oben schon ihr gan­zes Le­ben und wer künf­tig die­sen Ort be­wan­dert, wird si­cher auch mit ihr in Kon­takt kom­men. Am Abend ver­ein­bar­ten wir für den kom­men­den Tag, bei ihr zwei Li­ter Schafs­milch zu kau­fen. Ihr Haus be­fin­det sich un­mit­tel­bar über der Karst­senke.
Berglandschaft
Unmittelbar neben der gro­ssen Kars­tsen­ke be­fin­den sich wei­te­re rie­si­ge Do­li­nen, die zu be­su­chen es sich lohnt. In die­ser hat­ten sich einst Höh­len­for­scher Zu­gang zu ei­nem tie­fen Schacht ver­schafft. Al­te Si­che­rungs­ha­ken be­fin­den sich noch auf dem Grund der Do­li­ne an ei­ner Fels­wand. Der Zu­gang ist heu­te al­ler­dings ver­schüt­tet. Wer den­noch ei­nen Blick "un­ter das Pa­ra­dies" wer­fen will, kann dies rings­um in ei­ni­gen schö­nen Höh­len tun. ...
Berglandschaft
Frank (im Bild) und Wil­li, zwei ein­ge­spiel­te Höh­len­krie­cher, lie­ßen es sich na­tür­lich nicht neh­men, auch die­se un­ter­ir­di­schen Na­tur­schön­hei­ten zu be­su­chen!
Berglandschaft
Die Ruhe und Ge­las­sen­heit, mit der hier im Pa­ra­dies die Men­schen ihr Le­ben füh­ren, schlägt sich zwei­fel­los in den Ge­sich­tern nie­der.
Berglandschaft
Ein schöner Morgen er­war­tet uns. Im ers­ten Ta­ges­licht sind die Scha­fe an uns vor­bei­ge­zo­gen und schließ­lich nä­hern sich uns die hier frei­lau­fen­den Pferde.
Berglandschaft
Alle Expeditionsteil­neh­mer wa­ren spä­tes­tens jetzt "ein­hel­lig" der Mei­nung, dass das Pa­ra­dies zu kit­schig sei ... an­ders konn­ten wir un­se­re Be­geis­te­rung kaum noch kom­pen­sie­ren!
Berglandschaft
Ohne Worte!
Berglandschaft
Der wichtigste Besuch stand noch an, das alte Häus­chen un­ser­er gu­­ten Fee. Die hat­te ge­ra­de ih­re Schwei­ne mit Äp­feln ge­füt­tert, die hier rings­um gra­tis von den Bäu­men fal­len. Al­so auch für die Schwei­ne ein Pa­ra­dies? Die gu­te Fee wink­te uns - ganz wie im Mär­chen­film - zu sich he­rein. Zu­erst stell­te sie uns ihr Lieb­lings­schaf vor, das sie einst als tot­kran­kes Lämm­chen wie­der ge­sund­ge­pflegt hat - frei­lich mit Kräu­tern aus dem Pa­ra­dies!
Berglandschaft
Ein Besuch bei ei­ner Fee er­lebt schliess­lich nicht je­der und so nutz­ten wir die Ge­le­gen­heit, auch ihr klei­nes But­zel­häus­chen zu be­sich­ti­gen. In der Kü­che wird ge­ra­de Fut­ter für die Fer­kel zu­be­rei­tet. ...
Berglandschaft
Und so schaut´s aus, im Wohn­zim­mer ei­ner Fee! Al­les steht, liegt oder hängt an sei­nem rech­ten Platz, es duf­tet nach Kräu­tern, man hört das Knis­tern des Feu­ers und ach, wie ge­müt­lich muss es erst zu je­ner Jah­res­zeit hier oben sein, wo sich an­dern­orts die Men­schen über das In­ter­net nach dem Advents­ka­len­der seh­nen!
www.karpatenwilli.com
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