Auf der Fahrt über die Transfăgărăşan, der bekannten „Straße in die Wolken” durch das Fogarascher Gebirge, das die Walachei und Siebenbürgen miteinander verbindet, liegt die „Dracula”-Burg Poienari. Nicht nur für Dracula-Fans, sondern auch für Historiker ist diese Burg untrennbar mit Vlad III. Drăculea, genannt „der Pfähler” („Ţepeş”) verbunden. Erbaut wurde sie jedoch von einem anderen, uns unbekannten Herrscher des 14. Jahrhunderts. Die erste der insgesamt drei Zerstörungen fand im 15. Jahrhundert statt und war so gründlich, dass nicht einmal mehr den späteren offiziellen Chroniken der Walachei diese Burg bekannt war, bevor sie von Vlad dem Pfähler um das Jahr 1457 wiederaufgebaut wurde. Wie es dazu kam, erzählt die Cantacuzinische Chronik:
Woiwode Vlad Ţepeluş
Dieser hat gebaut die Burg von Poenari und ebenso auch das heilige Kloster von Znagov. Er hat auch eine Sache mit den Städtern von Tîrgovişte gemacht, denn er hatte bewiesen, dass die Tîrgovişter Bojaren einen Bruder von ihm lebendig begraben haben. Und um die Wahrheit zu erfahren, suchte er seinen Bruder in der Grube und fand ihn mit dem Gesicht nach unten. Und als der Ostertag war, als alle Städter bei den Gastmählern waren, die Jungen aber beim Tanz (hore), hat er sie so ohne Nachricht alle gefasst. So viele also alte Männer waren, alle hat er aufgespießt und sie um die Stadt herum aufgestellt, so viele aber junge Männer waren mit ihren Ehefrauen, mit Jünglingen, mit Jungfrauen, so wie sie geschmückt waren am Ostertag, hat er alle nach Poenari gebracht und sie haben immerzu an der Burg gebaut, bis alle Kleider auf ihnen zerbarsten und sie alle nackt blieben. Dafür haben sie ihm den Namen Ţepeluş hervorgebracht. Er herrschte 15 Jahre. (Übersetzung Albert Weber)
Poienari diente Vlad als Fluchtburg, über die er im Kriegsfall mit den Osmanen nach Siebenbürgen zu seinen Verbündeten fliehen konnte. Als er von Sultan Mehmed II. 1462 vertrieben wurde, verschanzte er sich anscheinend zunächst dort. Die Osmanen zogen daraufhin Kanonen auf die umliegenden Berge und zerstörten die Burg, „der Pfähler“, der viele osmanische Kriegsgefangene hatte aufspießen lassen, konnte jedoch in einem günstigen Augenblick nach Siebenbürgen entkommen. Vermutlich ließ sein Bruder Radu daraufhin die Burg wiederaufbauen. Nach 1552 wurde sie schließlich endgültig zerstört – und zwar von den Walachen selbst, die auf Befehl der Osmanen, welche die Schleifung aller bedeutenden Burgen in der Walachei (und später in der Moldau) angeordnet hatten. Außerhalb Siebenbürgens haben sich in Rumänien aus diesem Grund keine Burgen, sondern nur Burgruinen erhalten…
Poienari, gesehen von der Transfogarascher Gebirgsstraße
Der Aufstieg zur Dracula-Burg über 1480 Stufen fordert einige Fitness...
Die lange und verschachtelte Treppe. Irgendwie beschleicht jeden Besucher das Gefühl, dass die Treppenbauer den Aufstieg auch einfacher hätten gestalten können...
Über ein nicht gerade historisches Treppengerüst gelangt man in die Burg. Nicht zu sehen ist der Wächter, der Eintrittskarten verkauft. Täglich ersteigt er die 1480 Treppen. Besonderes Pech hat, wer als Besucher seinen Geldbeutel unten im Auto vergessen hat...
Zementierte realsozialistische Denkmalpflege. In den 60ern und 70ern wurde die Burg ausgiebig renoviert.
Der Haupteingang, über einem kleinen Berg von Zement
Blick in den Süden, Richtung Arefu
Blick in Richtung des siebenbürgischen Nordens
Der Berg Pleasa östlich der Burg, von dem aus sie angeblich von den Osmanen 1462 bombardiert wurde.
Ein Blick in den Abgrund, südöstlicher Abhang
südlicher Abhang
Deutlich zu sehen sind die historischen Grundmauern und der moderne Ziegelbau
Ein Blick in den Keller Vlads des Pfählers
Archäologen vermuten, dass der Wohnturm der Burg vier Stockwerke hoch war
Auch wenn es heute nicht mehr sonderlich gemütlich aussieht, so ist die luxuriöse Ausstattung der Burg archäologisch belegt
Man sieht, auch Ceauşescus Ziegelaufbau beginnt zu bröckeln. Was heute von den Besuchern bekichert wird, wird in fernerer Zukunft wohl zum Gegenstand ernsthafter archäologischer und historischer Studien über das "Goldene Zeitalter" (1965-1989) werden...
Die Restaurateure haben auch an ausgeklügelte Sicherheitsmaßnahmen gedacht