Dienst in Kirche und Schule, nüchtern und sittenrein, wie es Ehre und Anstand geziemt!
30. Dezember 1856, Bolkatsch/Bulkesch
Indeme es mir sehr leid ist, in voriger Woche durch Trunkenheit und Kartenspiel in gemeiner Gesellschaft und mehr noch durch nächtliches Eindringen in Frauengemächer Person und Stand gleich schwer compromittiert zu haben, gebe ich nunmehr zum Beweise meiner Umkehr auf den Weg des Rechten, sowie auf ausdrücklichen Befehl des Löblichen Presbyteriums hiermit das feierliche Versprechen, daß ich von dieser Stunde an
nie mehr – ob gerufen oder ungerufen ins Wirtshaus gehen, auch ausserhalb derselben
nie und nirgends mehr jemand trunken erscheinen;
nie mehr in böse Gesellschaften treten, oder, wenn der Zufall mich dahin brächte, bei ihnen weilen;
nie mehr, wo immer es auch sei, Karten spielen;
nie mehr mit Frauen und Mädchen in eine deren Ehre verletzende Berührung treten und die Ruhe der Ehemänner und Eltern stören;
nie mehr abends ohne Erlaubniß des Schulrectors ausgehen,
auch nie mehr über 9 Uhr Abends ausbleiben und herumschwärmen,
sondern daß ich endlich
dem Dienst in Kirche und Schule, nüchtern und sittenrein wie es der Ehre und dem Anstand eines Lehrers geziemt, obligen, auch darin in einsamen Selbststudien wie in Gesellschaft fachkundiger Erziehungsmänner mich vervollkommen wolle. Wofern ich auch nur einmal noch gegen der einen oder anderen Bedingung dieser Urkunde trete, so solte ich unter 24 Stunden meines Dienstes entlassen, ja sogar als ein Unwürdiger und Unverbesserlicher ganz aus dem geistlichen Stande verstossen werden.
Bolkatsch am 30sten Dezember 1856
Friedrich Noeßner
Hilfslehrer an der Knabenschule
Quelle: ZAEKR, Best. 400/198, GA Bulkesch, Sign.-Nr. 370. Eigenhändig verfertigtes und unterschriebenes Original aus dem Buch „Goldkörner II: Historisches Lesebuch aus den Archiven der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien“ von Liliana Popa und Wolfram G. Theilemann vom Schiller Verlag (Gebundene Ausgabe - Dezember 2009) S.80