Mehr als zehn Jahre verfiel die Trappolder Kirchenburg, nachdem der letzte Burghüter ausgewandert war. Bis Sebastian Bethge, Handwerker aus Berlin, auf einer Wanderung durch Rumänien nach Trappold kam. Und sich entschied zu bleiben.
Sebastian Bethge steht auf dem Trappolder Kirchturm und blickt hinunter auf das Dorf. Drei, vier staubige Straßen, Pferdekarren, Hühner, spielende Kinder. Am Dorfrand brennen die Stoppelfelder, angezündet von den Bauern, um den Boden mit Nährstoffen zu versorgen. In der Luft liegt ein leichter Brandgeruch, der nach einiger Zeit in der Nase kitzelt.
„Mir gefällt das Landleben einfach besser. In der Stadt konnte ich nicht frei atmen, so viele Menschen. Das ist hier anders“, sagt Bethge. Der gebürtige Berliner, 36 Jahre alt, dunkelblonde Haare, rötlicher Bart und kräftige Schultern, spricht aus Erfahrung. Gut 3,5 Millionen Menschen leben in Berlin. In Trappold sind es knapp 3000.
Dreizehn Jahre ist es her, dass Bethge das erste Mal nach Trappold kam. Der gelernte Schreiner war auf der Suche nach einem Ort, wo er sich „handwerklich austoben“ konnte. Deutschland war ihm zu festgelegt, zu viele Regeln und Einschränkungen. Nach der Wende packte Bethge seinen Rucksack und ging auf Reisen. Ein halbes Jahr lebte er in Polen, danach für knapp zwei Jahre in Russland. In der Ukraine, seiner dritten Reisestation, lernte er einen Rumänen kennen. „Ich konnte gar kein Rumänisch, aber mein Bekannter hat mir mit seinen Erzählungen so viel Lust auf Rumänien gemacht, dass ich einfach hierher gefahren bin. Und bisher geblieben“, sagt Bethge.
Als er in Trappold ankam, rottete die Kirchenburg bereits zehn Jahre vor sich hin. Der letzte Burghüter, ein Siebenbürger Sachse, der sich um die Pflege und Instandhaltung der Anlage kümmerte, war längst ausgewandert. Gemeinsam mit Unterstützern gründete Sebastian Bethge den Verein Corona, schloss eine Partnerschaftsvereinbarung mit der evangelischen Kirche in Hermannstadt und zog ins alte Pfarrhaus. Seitdem kümmert er sich um den Erhalt der Kirchenburg.
In dieser Zeit wurde unter anderem die Orgel restauriert, das Dach geflickt und das alte Torhaus instand gesetzt. Seine Arbeit führte dazu, dass die Trappolder Kirchenburg letztes Jahr in ein EU-Projekt aufgenommen wurde, mit dessen Hilfe in Siebenbürgen insgesamt 18 Kirchenburgen restauriert werden. Am meisten Geld, gut 500.000 Euro, fließen dabei in die Sanierung der Trappolder Kirchenburg.
Tipp:
Die Trappolder Kirchenburg steht interessierten Besuchern zur Besichtigung offen. Burghüter Sebastian Bethge führt – nach Voranmeldung – über das Gelände. E-Mail: seflobe@apold.net
„Wir haben von Anfang an mit Leuten aus dem Dorf gearbeitet. Im Laufe der Zeit ist so ein nachbarschaftliches Verhältnis entstanden“, sagt Bethge und hofft, die Kirchenburg künftig als kulturellen Treffpunkt des Dorfes zu etablieren. Auf dem Weg dahin veranstalten er und seine polnische Frau Dorffeste, projizieren Kinofilme auf eine Leinwand am alten Pfarrturm und organisieren Konzerte.
Aber auch für Touristen, die im gut fünfzehn Kilometer entfernten Schäßburg auf Draculas Spuren wandeln, könnte Trappold (rumänisch: Apold) interessant werden. Denn laut Bethge dürften komplett erhaltene Kirchenburgen in Siebenbürgen bald zur Rarität werden: „Die letzte Betreuung durch Siebenbürger Sachsen bricht gerade weg. In fünf Jahren wird es fast keine Menschen mehr geben, die sich um die Kirchenburgen kümmern.“ Trappold scheint die Ausnahme zu sein.
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Wir waren zu elft, hatten zwei Busse und zehn Tage Zeit. So machten wir uns auf den Weg in ein unbekanntes Land: Siebenbürgen. Dort trafen wir auf Dracula und andere Überraschungen. Es entstanden Geschichten von Menschen, die weggingen. Von welchen, die blieben. Und anderen, die zurückkehrten.
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