Wer nach Rumänien reist, kommt um ihn nicht herum. Selbst wer sich nicht für Architektur oder Kunstgeschichte interessiert – ja, selbst der größte Kultur-Banause – wird im Laufe seines Rumänienaufenthaltes irgendwann einmal verzückt vor einer dieser spiralförmig gedrehten Säulen oder reich verzierten Balustraden, Fenster- und Türumrandungen stehen bleiben und staunen.
Die Zierelemente – in Stein gemeißelte Blüten- und Blätterranken, Muscheln und Muster – sind der Natur abgeschaut und stecken voller Harmonie. Sie entheben die Bauteile ihrer reinen Funktion und machen sie zu einem Punkstück. Das Auge fühlt sich geschmeichelt und verliert sich in diesen ineinander verschlungenen Ornamenten, als betrachte es einen Naturlehrpfad ungeahnten Ausmaßes.
Schafft man es endlich, seinen Blick vom üppigen Detail auf das große Ganze zu richten, verspürt man unwillkürlich diese besondere Ästhetik, die von dem Gebäude ausgeht.
Reiseführer – ob Mensch oder Buch – klären den Unwissenden auf: Es geht um die Vereinigung verschiedener Stilelemente und Kulturen. Italienische Renaissance paart sich hier mit byzantinischer Architektur, was sich am besten an Arkaden und Loggien festmachen lässt. Der nach oben gerundete Bogen kommt zunächst romanisch daherkommt, um im letzten Augenblick doch noch orientalisch auf die Spitze getrieben zu werden. Das Ganze überzuckert mit einem Hauch Barock. Aber es geht um viel mehr, nämlich um einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil, den Brâncoveanu geschaffen hat.
Damit ist ihm die harmonische Vereinigung von Abend- und Morgenland gelungen, kombiniert mit einer geradezu märchenhaften Naturverbundenheit – also all das, was Rumänien ausmacht. Das Land zwischen den Kulturen, von denen es im Laufe der Jahrhunderte bedrängt, geformt und geprägt wurde, drückt seine Seele in der Brâncoveanischen Baukunst sehr anschaulich aus. Sie gilt daher zu Recht als typisch rumänisch.
Doch wer war dieser Brâncoveanu eigentlich?
Ein die Künste liebender muntenischer (walachischer) Fürst aus dem 17/18. Jh., wie geschrieben steht, der sein Land zu einer kulturellen Blütezeit verhalf – und das im wahrsten Sinne des Wortes! 1992 wurde er sogar heilig gesprochen.
Sage und schreibe 25 Jahre lang saß er auf dem walachischen Thron – eine der längsten Herrschaftszeiten der Geschichte des Landes. Zu jener Zeit verlor man nämlich nur allzu schnell seinen Kopf – meistens auf Anweisung des Sultans in Konstantinopel, dem das kleine Fürstentum tributpflichtig und damit hörig war.
Aber nicht nur die Oberherrschaft der Osmanen, auch das Machtstreben seitens des russischen Zaren, der Habsburger (Österreicher) und der Magyaren (Ungarn) setzte den walachischen Herrschern zu, ganz zu schweigen von den Bojaren aus eigenen oder moldauischen Reihen, die nach dem Thron schielten. Derart als Spielball im politischen Gerangel hin- und hergezerrt, war es ebenfalls eine Kunst, Thron und Kopf zu behalten. Verlor man den einen, verlor man zwangsläufig auch den anderen. Und so blieb auch unserem humanistisch gesinnten Fürsten, der die Künste, Wissenschaften und die Buchdruckerei zur freien Entfaltung brachte, dieses grausame Schicksal am Ende nicht erspart.
Seine Hinterlassenschaft an uns sind wundervolle Paläste, Kirchen und Klöster. Und seine Lebensgeschichte ist einen Roman wert. Danke Constantin!