Ich bin ein Stadtmädchen, geboren und aufgewachsen in Temeswar. Bis zu einem wunderschönen Frühlingstag, als ich zusammen mit meinem Mann auf einem eigentlich ziellosen Ausflug weitab von der Landstraße einen Kirchturm erblickte. Kurzerhand bogen wir ab und fanden nach ein paar hundert Metern ein winziges Dorf mit dem wunderschönen Namen Brazii. Brazil heißt übersetzt Tannenbäume (obwohl es im ganzen Dorf keine gibt…).
Eine einzige Gasse gab es – sollten wir nach links oder nach rechts fahren?
Links, sagte meine innere Stimme. Links, sagte Hella zu ihrem Chauffeur und Ehemann. Und so fuhren wir im Schritttempo über einen rumpligen Schotterweg in unser neues Leben….
Ganz am Ende des Weges, auf der linken Seite, stand ein weißes Häuschen und lächelte uns an.
Ich stieg aus und lächelte zurück. Die Märzsonne lächelte auf uns alle und irgendwo krähte ein Hahn. Ich bin fest davon überzeugt, dass er lächelte.
Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass das Häuschen seit Jahren leer stand. Eine gute Fee in Gestalt einer alten Bäuerin setzte sich mit den Besitzern in Verbindung und so waren wir innerhalb eines Monats stolze Besitzer von 2000 Quadratmetern Garten, samt Haus und schwarzem Kater.
Aber eigentlich waren wir keine Besitzer, sondern eher demütige Sklaven.
Es wurde bald zu unserem zu Hause, wenn auch leider nur an den Wochenenden. Mein ganzer Stolz und Erfüllung eines Lebenstraums war „das Häusle“ im Garten. Allerdings nur bis zum ersten Winter, bei so -20° ist es nicht mehr so vergnüglich. Aus diesem Grund machten wir dann doch ein Zugeständnis an die Zivilisation und bauten in den Abstellraum ein winziges Bad ein.
Mit Gummistiefeln und ganz viel theoretischem Wissen ausgerüstet, begannen wir das Bauernleben zu erforschen.
Na ja 😊
Aber das Ergebnis konnte sich schon sehen lassen.
Die Dorfbewohner adoptierten uns verrückte Städter gutmütig. Aus der Nachbarschaft erhielten wir Eier, Milch, Kürbisse und vieles mehr. Auch um die allgemeine Neugier zu befriedigen und brühwarme Neuigkeiten über die „exotischen“ Nachbarn zu verbreiten.
Wir revanchierten uns dann mit einem Bierchen und einem Schwätzchen. Auf diese Weise gewannen wir schnell gute Freunde.
Dabei erfanden wir eine neue Sportart: Bierdosen aus dem Brunnen angeln. Wer konnte auch ahnen, dass über Nacht das Wasser steigt, so dass die in Sicherheit gedachten Dosen aus dem Eimer plötzlich munter wie Entlein durch den Brunnen schwammen.
Übrigens: Hilfsbereitschaft unter den Nachbarn wird auf dem Land immer noch großgeschrieben! Das man dabei sogar Spaß haben kann?
Aber Schnaps gab es erst nachdem die Kreissäge weggeräumt war.
Ja, und so wurde es langsam Herbst….
Unsere immer größer werdende Katzenfamilie legte sich ein dickes Fell zu - Buchstäblich! Wer wird denn unterm Tisch sitzen wenn man ein weißes Tischtuch zur Verfügung hat.
Und da dies ja eine Weihnachtsgeschichte werden sollte…
...bekamen wir sozusagen als Geschenk einen richtig schönen Märchenwinter.