Weihnachtsmarkt in einer Kirchenburg – alle Jahre wieder
Fotos: Dragos Dumitru Text: Ruth István
Das Büro der Stiftung Kirchenburgen hat wirklich eine fantastische Lage – es ist im 2. Stock des Bischofspalais in Hermannstadt, direkt am Großen Ring. Schräg gegenüber befindet sich das Rathaus, der Blick aus dem Fenster ist einfach herrlich.
Jahrein, jahraus kann man die vielen Kulturveranstaltungen, die in Hermannstadt stattfinden, hautnah von oben beobachten und geht man ein paar Treppen runter, ist man auch schon mittendrin im Getümmel. Vor jeder Veranstaltung wird aufgebaut, danach wird abgebaut, bei Konzerten gibt es immer einen ausgiebigen Soundcheck, beim Töpfermarkt geht es eher ruhig zu, beim Food-Festival ist es bunt und die feinen Düfte steigen bis in unser Büro hoch. Das Team der Stiftung hat es also von der Bürolage her wirklich gut getroffen.
In der zweiten Novemberhälfte wird dann alljährlich der Weihnachtsmarkt aufgebaut und bleibt über einen Zeitraum von 6-7 Wochen, bis in den Januar hinein, stehen. Mit Verkaufsbüdchen, Riesenrad, Riesentannenbaum und festlicher Beleuchtung über dem ganzen Platz hat sich der Hermannstädter Weihnachtsmarkt, zumindest rumänienweit, einen Namen gemacht.
Beeindruckt von den hohen Besucherzahlen des Marktes und berufsbedingt dauerinspiriert von Kirchenburgen, dachten wir uns, es wäre doch eine schöne Alternative, einen Weihnachtsmarkt in einer Kirchenburg zu veranstalten. Immerhin ist hier in Siebenbürgen in den Sommermonaten ganz viel los, viele Leute gehen bei den Kirchenburgen ein und aus und nach dem fantastisch-schönen Herbst ist dann erstmal bis im Frühjahr Pause. Selbst die Gottesdienste in der Weihnachtszeit finden auf den Dörfern nicht in der Kirche, sondern in kleinen, heizbaren Räumen statt – den sogenannten „Winterkirchen“. Warum dann nicht einen kleinen Event in der kalten Jahreszeit organisieren?
Mit unseren Freunden vom Verein „Jugendburg Holzmengen“ und vom Siebenbürgenforum haben wir die Köpfe zusammengetan und überlegt, wie wir einen solchen Weihnachtsmarkt organisieren können. Zunächst mussten wir da einige wichtige Fragen beantworten:
Wann soll er stattfinden und wie lange soll er dauern?
Welche Produkte sollen angeboten werden?
Wer sollen die Verkäufer sein?
Was für ein Programm soll es geben?
Wen wollen wir damit ansprechen? Welche Besucher erwarten wir?
Wieviel Geld brauchen wir? Wer kann das bezahlen?
Schon recht schnell stellte sich heraus, dass wir ein gutes Organisationsteam brauchten, das sich um die harten Fakten kümmert: Biertische, Zelte, Glühwein und Punsch, Verkaufsstände, Essen, Programm, Werbung, Musik, Kerzenschein, Dekoration, Kirchenführung… und noch viel mehr.
Wie man sich vorstellen kann, ist ein solches Unterfangen nur mit vielen Helfern und Freunden möglich. So nahmen wir die Vereine CasApold und Hosman Durabil aus dem Harbachtal, sowie die Holzmengener Heimatortsgemeinschaft der ausgewanderten Siebenbürgen Sachsen noch mit ins Boot und stachen in die See. Ich muss schon sagen: nicht ohne Turbulenzen.
Unser großes Glück war, dass wir eine großzügige finanzielle Unterstützung des Département für Interethnische Beziehungen der rumänischen Regierung erhielten und somit ein paar grundsätzliche Kosten gedeckt waren. Die Spende der HOG Holzmengen für einen schönen Weihnachtsbaum hat natürlich auch geholfen…
Die Wahrheit ist nämlich, dass eine Veranstaltung dieser Art durchaus einige Kosten verursacht und man diese, gerade am Anfang, nur schwer wieder einholt. Aber: einen wirklichen „Gewinn“ haben wir auch nicht erwartet – davon ging keiner der beteiligten, gemeinnützigen Vereine aus. Wir wollten ganz schlicht und einfach einen schönen Weihnachtsmarkt in einer Kirchenburg auf dem Dorf organisieren.
Nun aber zurück zu den Turbulenzen, von denen eben noch die Rede war. Wir hatten alles so schön vorbereitet, am Vorabend die Zelte aufgestellt, Lichterketten angebracht – es war toll! Der Vorbereitungstrupp (wir waren etwa 6 Leute) ging müde und erschöpft, aber voller Vorfreude auf den nächsten Tag - den Tag des Weihnachtsmarktes – ins gemütliche Bettchen im Pfarrhaus.
Um 7:30 Uhr klingelten die Wecker und wir wurden langsam wach. Ich weiß nicht mehr, wer als erstes aus dem Fenster schaute. Ich erinnere mich nur an den Schrei und die Worte "Oh nein!!! Es hat geschneit!"
Nun waren wir natürlich sofort alle hellwach und jeder sprang zum nächstgelegenen Fenster. Was wir sahen war eine schneebedeckte Zeltlandschaft. Alles war zusammengefallen, zerbrochen, geknickt, kaputt. Die Kinnlade fiel zu Boden. Und trotzdem war es irgendwie schön, dass es geschneit hatte… man fühlte sich hin- und hergerissen. Was uns aber allen klar war: jetzt müssen wir schnell handeln! Stiefel an, Mütze und Handschuhe übergezogen und Schneeschaufel in die Hand. Los geht’s mit der Schadensbegrenzung!
Wie der ereignisreiche Tag verlief und wie dankbar wir dann für diesen Schneesegen waren, kann man auf den schönen Fotos hoffentlich erkennen. Für den mittlerweile legendären Weihnachtsmarkt in Holzmengen war es jedenfalls ein grandioser Startschuss!
In diesem Jahr findet die 4. Ausgabe des Weihnachtsmarktes statt. Einige andere Vereine haben sich mittlerweile angeschlossen und machen mit. Das Ereignis ist in der Region und darüber hinaus schon recht bekannt und hat sich auch einen Namen gemacht.
Schnee gab es nur im 1. Jahr – seither nicht mehr. Schöne Verkaufsstände mit liebevoll hergestellten Produkten, gutes Essen, leckeren Glühwein, wunderbare Colinde-Gesänge, eine stimmungsvolle „Lebende Krippe“, ein Orgelkonzert und beste Stimmung gibt es aber immer. Wer also im Monat Dezember in Siebenbürgen ist, sollte einen Besuch beim Weihnachtsmarkt in Holzmengen mit auf die Agenda nehmen.