Unsere Reise in die Bukowina
von Stefan Kossatz
Im September 2022 wollten wir wieder nach Rumänien fahren. Diesmal hatten wir uns eine Region ausgesucht, welche wir vorher noch nie besucht hatten. Unser Ziel sollten die schon oft an den Rumänientreffen am Lütschestausee in Thüringen erwähnten Klöster in der Bukowina werden. Wie immer fuhren wir mit dem Zug von Wien aus nach Rumänien und erreichten in der Nacht zum 13.09. Brașov/Kronstadt. Zwei Tage verbrachten wir in Poiana Brașov, welches mit dem Stadtbus von Brașov leicht erreichbar ist. Poiana Brașov ist ein guter Auftakt für eine Rumänienreise. Bei wunderschönstem Spätsommerwetter stiegen wir zu Fuß zum Gipfel des Postăvarul (Schuler) auf. Mit der Seilbahn ging es wieder runter.
Nachdem wunderbaren Einstieg fuhren wir mit dem Zug weiter nach Bukarest. Dort trafen wir uns mit unserer langjährigen Freundin Gabi. Noch in derselben Nacht ging es mit dem Nachtzug 500 Kilometer Richtung Norden nach Suceava.
Wir hatten für diese Strecke einen Liegewagen gebucht. Auf dem Bahnsteig blieben wir eng beisammen, da viele Leute unterwegs waren und die Beleuchtung sehr spärlich war. Dies war mir schon oft bei meinen Reisen durch Rumänien aufgefallen. Wir verteilten uns im Liegewagenabteil, Gabi unten, Corinna in der Mitte und ich ganz oben. Es kamen noch weitere drei Reisende dazu und ich half fleißig mit, das Gepäck aller gut zu verstauen.
In Suceava waren wir mit Alex, einem Freund von Gabi verabredet, welcher uns in sein Anwesen nahe der ukrainischen Grenze eingeladen hat. Aber die Ankunft gestaltete sich chaotisch. Der Zug kam verspätet gegen 5 Uhr in Suceava an. Die Beleuchtung auf dem Bahnsteig funktionierte hier gar nicht und die Übergänge zu den Ausgängen wurden durch einen Zug auf dem Gleis 1 verstellt. Die Leute fingen an, durch den wartenden Zug zu klettern. Ein Bahnangestellter rief die Leute zur Geduld. Schließlich wurde der Zug geteilt, sodass die Menschen in das Bahnhofsgebäude gelangen konnten. Dort trafen wir Alex.
Mit seinem Dacia fuhren wir eine ganze Weile durch schlafende Dörfer in die scheinbar entlegenste Ecke Rumäniens. In Nisipitu, einem kleinen Dorf, stiegen wir in einen stark beanspruchten und nicht mehr zugelassen Pajero. Die Schüttelpartie hinauf bis zu seinem Hof in 800 m Höhe durch den schlammigen Wald machte uns richtig wach.
Trotzdem haben wir in dem alten Bauernhaus zuerst einmal drei Stunden geschlafen. Dann haben wir uns am Nachmittag einige Pilze aus dem Wald geholt. Ich meine wirklich holen, denn wir mussten nicht suchen. Wenige Meter hinter dem Haus standen Steinpilze, Hexenpilze, Rotkappen und Birkenpilze. Wir mussten sie nur einsammeln. Während ich die Pilze fotografierte, bemerkte ich, dass ich mich im ukrainischen Mobilfunknetz befand. Auf meiner App des Alpenvereins sah ich, dass wir nur ein paar hundert Meter von der ukrainischen Grenze entfernt waren.
Ein Blick auf die Karte bestätigte mir, dass wir die hinterste Ecke Rumäniens erreicht hatten. Oben auf dem Berg in der Streusiedlung Lupcina konnte man weit in die Ukraine blicken. Die Ukraine war zum Greifen nahe, doch wegen des Krieges war der Grenzübergang nach Seljatin in Ulma geschlossen. Hoffentlich ist der Krieg bald vorbei.
Diese Gegend wird von den Hutzulen bevölkert. Es ist eine Volksgruppe, welche ebenso wie die Ruthenen den Slawen zuzuordnen ist. Hört man sich diese traditionelle Musik der Hutzulen oder der Ruthenen an, dann erinnert diese eher an die traditionelle Musik aus dem Gebiet der Hohen Tatra in der Slowakei oder Polen. Alex macht übrigens auch traditionelle Musik. Er tritt unter dem Namen Sandu Sandiki auf. Wer sich dafür interressiert, hier gibt es auf
YouTube eine kleine Kostprobe von ihm.
Am Nachmittag kamen dann noch ein paar Freunde von Alex aus dem Dorf hoch zu uns zum Grillen und brachten noch Getränke wie Palinca und Wein mit. Bis spät in die Nacht saßen wir zusammen und ließen den Tag mit lauter Musik ausklingen. Aber hier oben stört das niemanden.
Am Sonntag musste Gabi zurück nach Bukarest. Alex brachte uns noch nach Putna. Dort fanden wir schnell eine Pension. Zuerst besuchten wir unweit des Dorfes ein kleines Höhlenkloster. Am nächsten Tag folgte dann das Kloster Putna. Auch die Besteigung des Kreuzberges Dealul Crucii durfte nicht fehlen. Es führte zwar kein markierter Weg dorthin, jedoch fanden wir trotzdem zum Gipfel. Von dort hatte man einen schönen Blick auf das Kloster.
Nach zwei Tagen in Putna ging es mit dem Zug weiter nach Gura Humorului. Da der Zug Verspätung hatte, fragte ich den Schaffner, ob wir in Suceava den Anschlusszug erreichen würden. Nach einem Anruf in der Leitstelle schafften wir unseren Anschlusszug noch und erreichten am Nachmittag Gura Humorului.
An den folgenden Tagen besuchten wir die Klöster Voroneț und Humor. Gudrun, welche zusammen mit Hans jedes Jahr diesen Rumänienadventskalender gestaltet, empfahl uns einen Besuch bei ihrer Freundin Elena Macovei. Sie betreibt direkt neben dem Kloster Humor einen kleinen Souvenirshop. Wir stellten uns auf rumänsich vor und Elena freute sich sehr über die Grüße von Gudrun und unseren Besuch. Zum Schluss besuchten wir noch die Markthalle von Gura Humorului.
Von Gura Humorului ging es am folgenden Tag nach Moldovița. Hier besichtigten wir die Waldbahn nach Argel, das Eiermuseum und das Kloster Vatra Moldoviței
Unser letztes Ziel war die Teufelsmühlenschlucht (Cheile moara dracilor).
Am nächsten Tag ging es von Campulung Moldovenesc zurück nach Bukarest. Eine Nacht verbrachten wir noch bei Gabi. Dann ging es mit dem Nachtzug zurück nach Wien, natürlich mit dem Liegewagen. Es war eine schöne Fahrt. Die Reisenden im Abteil waren alle sehr gesprächig, so bekommt man die Vielfalt der Lebensgeschichten mit. Zum Beispiel interessierte mich, was die Leute aus Rumänien dazu bewegt, im Ausland zu leben. Übrigens ist der Zuglauf Wien - Bukarest einer der Längsten in Europa. 🙂