2 Mein Glück fand ich in der Maramursch

Mein Glück fand ich in der Maramuresch


von Stephan Drube

gemalte Tracht und Kleeblatt
Pferdeschlitten in Winterlandschaft
Hărnicești
Im Jahr 1975 gelangte ich mit zwei Freunden aus der DDR über Tschecho­slowakei und Ungarn nach Rumänien. Wir verbrachten ca. zehn Tage im Land und ich konnte fest­stellen, dass es eine reiche Bauern­kultur dort gibt, die noch vor meinen bäuer­lichen Erleb­nissen in Tirol und Südtirol angesiedelt war.
gemaltes Obst und Gemüse
So bemühte ich mich seit 1977 um ein Graduierten­stipendium des DAAD, was 1979 bewilligt wurde. Vier Berg­regionen wurden zur Dokumen­tation bäuer­lichen Lebens und energie­sparender Technik ausgewählt und – unter gewissen Schwierig­keiten – festgehalten.
Nach über ein­monatiger Warterei im Bukarest der Ceausescu-Zeit durfte ich aus dieser dumpfen Stadt fliehen, nahm Kurs über Schäßburg nach Norden: in die Mara­muresch.
gemalter Mann auf einem Koffer zwischen Neubauten sitzend
Von hier aus am folgenden Tag nach Sighet zum Museum, um dort meine Unter­bringung vor Ort zu klären. Auf dem Rückweg stehen die auf eine Mitnahme Wartenden in Gruppen nach jeweiligen Dörfern am Orts­ausgang und winken mit der Hand.
gemalte Autos
verschneite Dorfstraße
Poienile de sub Munte
Diesmal ist es ein wie ein ver­kleideter Eisbär aus­sehender alter Bauer, der zu mir ins Auto steigt. Weiße, hand­gewebte und verdich­tete Winterwoll­kleidung, „Opinci“ an den Füßen. Mit Händen und Füßen verstän­digten wir uns und – er verstand mich.
gemalter Eisbär vor Auto
Er führte mich nicht nach Ocna Sugatag sondern über Calinesti nach Sirbi zur Familie Opris. Ein Haus im „neuen Stil“ mit auf die Außen­wände appli­zierten Kacheln stand direkt neben der Straße. Leicht zurück­gesetzt standen bäuer­liche Anlagen wie aus dem Bilder­buch: Walkmühle, Schnaps­brennkessel, Wirbel­korb – sogar eine durch Traktor ange­triebene Dresch­maschine!
Menschen mit Ochsenfuhrwerk
Familie Patran in Sârbi
Kurzes Gespräch mit dem Bauern, wobei mich mein alter Bauer einführt, dann weiter fluß­abwärts zur Familie Patran, die einen frei­stehenden Schnaps­brennkessel hatte. Wieder eine Vor­stellung durch meinen Mit­reisenden, der alle Bedenken ausräumte und ich durfte die mich begeisternde Anlage in Augen­schein nehmen.
gemalter Schnapsbrennkessel
Mann arbeitet an einem Kessel
Natürlich mußten wir gleich ein Gläschen Horinca gustieren und nach der Versicherung bald wieder­zukommen, brachte ich meinen Bauer noch gut weitere 8 Kilometer auf die Höhen über Calinesti – hinter den letzten Strommast und fuhr in meine provisorische Herberge in Ocna Sugatag zurück.
gemalte Pension
Schon am übernächsten Tag schaute ich bei der Familie Patran in Sirbi vorbei und wurde wie ein Gast empfangen. Mein Rade­brechen auf Rumänisch half mir wenig. Viele der hier gebrauchten Worte konnte ich in meinem extra erstandenen rumänisch-deutschen Wörter­buch nicht auffinden. Wo war ich hier hingelangt – Rumänien, wo man nicht Rumänisch sprach?
gemalter Mann
Gheorghe Patran hatte was von einem Lehrer, ja, die Familie seines Sohnes und seiner Schwieger­tochter besteht aus einem Lehrer­ehepaar. Geduldig erklärte er mir dies und das, schenkte immer wieder meinen Becher mit Schnaps nach, bis die Sprache kein Hindernis mehr bildet, sondern alles in Einigkeit sich auflöste.
gemalte Schnapsgläser
Aus seiner Opposition zum Regime machte Gheorghe Patran keinen Hehl und so wurde er für mich der Bezugspunkt in der Mara­muresch, die sich tief in mein Herz eingrub, ja – ich erhielt dort sogar die Mutter meiner Tochter.
Zurück-Button