Im Spätsommer des Jahres 2021 war es endlich wieder einmal soweit, ein dreiwöchiger Eisenbahntrip nach Rumänien stand auf dem Plan. Kurzfristig kam es aber zu einer kleinen Spielplanänderung. Da wir am zweiten Wochenende beim Verein „Historische Feldbahn Dresden“, kurz HFD, in Pirna einen Termin hatten, musste für die erste Woche ein etwas näheres Ziel auserkoren werden.
Dabei entschieden wir uns für die tschechischen Schmalspurbahnen um Jindrichuv Hradec und die in unmittelbarer Nähe auf österreichischer Seite befindlichen Waldviertler Schmalspurbahn. Da die Bahn im Süden Tschechiens, dieses Gebiet wird auch als „Böhmisch Kanada“ bezeichnet, wahrscheinlich zum Jahresende eingestellt werden sollte und unser letzter Besuch hier vor Ort schon schon über zwanzig Jahre her war, sollte es eine gute Alternative sein. Nicht zu vergessen, ich fahre ja auch für mein Leben gerne Auto, also alles kein Problem.
Nachdem wir, also mein Sohn und ich, die erste Woche erfolgreich abgeschlossen hatten, war am Montag (30.08.2021) scharfer Start in Richtung Rumänien. Da ich ja im Grunde meines Herzens Landschafts- und Motivfotograf bin, meistens aber das „große Pech“ habe, dass mir ein großes Stück Eisen ins Bild fährt, hatte ich mir im Vorfeld schon vorgenommen, soviel wie möglich normalspurige Karpatendurchquerung bzw. –überquerung mit zu fotografieren.
Kurz vor der rumänischen Grenze legten wir noch einem Stopp an der Fischbahn in Szeged ein. Genau wie in den früheren Jahren wurden wir auch diesmal des Platzes verwiesen, weil alles Privatgelände ist und die Feldbahn nicht fotografiert werden darf. Mit dem Zug mitzufahren wäre möglich gewesen, natürlich aber nur ohne den Auslöser zu betätigen.
Die Aufgabe dieser Feldbahn ist es, die nordöstlich von Szeged gelegenen Teiche mit Fischfutter zu versorgen. Aber auch der Transport der Tiere findet mit der Eisenbahn statt. In Ermangelung von Bildern sind hier noch einige aus dem Jahr 2023 zu sehen.
Bei meinem diesjährigen Rumänienkurztripp gelang es mir, unerkannt auf das Betriebsgelände vorzudringen und erst beim Verlassen wurde man auf mich aufmerksam. Da am Grenzübergang auch alles zügig erledigt war, fuhren wir schnurstracks nach Curtici, um die alten zweiteiligen Malaxatriebwagen zu fotografieren. Auch wenn sie nicht im besten optischen Zustand sind und die Strecke Arad-Curtici keine motivmäßigen Höhepunkte aufweist, ist es immer wieder eine Freude solche Fahrzeuge im Einsatz zu sehen.
Wie schnell so etwas zu Ende sein kann, zeigt die traurige Nachricht vom 1.9.2023, als einer dieser Triebwagen bei Oradea Feuer fing und komplett ausbrannte, wobei zum Glück aber kein Personenschaden entstand und wie es der glückliche Zufall so will, war ich genau eine Woche zuvor noch in Arad und habe diesen Triebwagen auf der Fahrt nach Brad fotografiert.
Doch nun wieder zurück ins Jahr 2021. Mittlerweile war es schon später Nachmittag geworden. Da es am nächsten Tag noch im Gebiet von Arad weitergehen sollte, wählten wir gleich hier eine Unterkunft. Die freundliche Pensionswirtin, die den ganzen Laden alleine schmiss, empfahl uns auf Rumänisch Vorsuppe und Grillteller. Den Namen der Suppe hatte ich schon mal gehört und als dies kam, schlief uns das Gesicht ein, es waren Kuddeln. Sicher gibt es Fans von diesem Essen, aber wir gehören definitiv nicht dazu. Dafür war der Grillteller eine kleine Sensation.
Der nächste Morgen begann mit dem obligatorischen Besuch des Straßenbahnmuseums in Ghioroc, immer in Erwartung etwas Neues zu sehen oder einen Hinweis auf Sonderfahrten mit den Museumstriebwagen. Aber es war wie immer, das Tor ließ sich öffnen, aber niemand war zu sehen und Hinweise für Fahrten der Straßenbahn gab es nicht.
Da um die Mittagszeit rings um Arad kaum Zugverkehr herrscht, fuhren wir in Richtung Oradea, nach Salonta, um die dort am Bahnhof stehende Denkmalslok 764 050 zu fotografieren.
Auch hier war Kollege Zufall mit im Spiel, denn einen Tag später erzählte uns Georg Hocevar, dass er diese Lok in einer Woche nach Vişeu de Sus transportieren soll. Somit sind wir wahrscheinlich die Letzten aber auch die Ersten, die diese Lok an zwei verschiedenen Standorten innerhalb einer Woche fotografiert haben.
Da wir am nächsten Tag in Crişcior bei Georg Hocevar sein wollten, machten wir uns auf den Weg in Richtung Brad. Zwischenhalte gab es nur noch in Pancota und Ineu, um die französischen Caravelle Triebwagen ablichten zu können.
Bevor wie die neu erbaute kleine Pension am Ortsausgang von Crişcior erreichten, gab es in Brad noch einen Fotostopp.
Auf dem ehemaligen Streckengleis in Richtung Deva wurde die Dampflok 230 214 sehr fotogen aufgestellt. Vorher stand sie viele Jahre auf dem Denkmalsockel im Depot Petroşani.
Über Nacht hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet und es regnete den ganzen Vormittag. Aber das war ja egal, da heute die Werksbesichtigung in Crişcior anstand. Nach der Anmeldung beim Pförtner holte Georg uns umgehend ab und die Tour konnte beginnen. Neben den vielen Fahrzeugen, die wir von vorherigen Besuchen schon kannten, bekamen wir natürlich diverse Neuerwerbungen bzw. auch alle in Arbeit befindlichen Projekte zu sehen.
Letzter Programmpunkt war dann noch die Draisinenmitfahrt nach Brad und zurück.
Beim Gehen fragte uns Georg noch, ob wir die Kohlebahn Lonea in Petrila besuchen wollen. Selbstverständlich stand auch das noch auf unserer Liste. Er rannte zurück und brachte ein Typhon (Signalhorn einer Lokomotive), was wir dem Werkstattchef in Lonea übergeben sollten. Dieser wurde gleich telefonisch darüber informiert und dabei auch noch eine Mitfahrt auf der Lok für uns organisiert.
Am Nachmittag konnte unsere Tour nach Alba Iulia weitergehen. In der Nähe von Roşia Montană, in Poieni, besuchten wir noch ein kleines Bergwerkmuseum.
Kurz vor Erreichen unseres Tageszieles legten wir in Zlatna Tehnică noch einen kurzen Fotostopp ein.
Am nächsten Morgen suchten wir die Denkmalslok 764 156 auf.
Am Ortsausgang von Alba Iulia entdeckten wir zufällig beim Warten an einer Verkehrsampel, einen Schmalspurpersonenwagen, der mittlerweile hinter der Lok aufgestellt wurde.
Da ich ja nicht nur Eisenbahnfan und Fotograf, sondern auch leidenschaftlicher Autofahrer bin, führte uns die heutige Fahrtroute über die Nordrampe der Transalpina. Im Nachhinein gesagt, war ich ein bisschen enttäuscht, denn die Südseite ist landschaftlich tausendmal attraktiver.
Unser Zielgebiet Petroşani erreichten wir, schneller als gedacht, am zeitigen Nachmittag. Bevor die Fahrt ins Jiutal weiterging warfen wir noch einen Blick zum Bahnhof Petroşani, wo auch gleich noch an der Fußgängerbrücke die als Denkmal aufgestellte Zahnraddampflok 40 005 aus dem Jahr 1908 abgelichtet werden konnte.
Eine weitere Lok dieses Typs befindet sich nicht weit weg von hier, im Depot Petroşani.
Von den sieben Lokomotiven, die für die im Jahr 1979 eingestellte Strecke von Caransebeş-Subcetate bei Hațeg gebaut wurden, sind noch sechs als Denkmal erhalten geblieben. Zwei dieser Fahrzeuge wurde in den 1990er Jahren in die Slowakei verkauft. Die ehemalige 40 006 wurde wiederaufgearbeitet und kommt mehrmals im Jahr im slowakischen Erzgebirge auf der Zahnradbahn von Tisovec nach Pohronska Polhora vor Sonderzügen zum Einsatz. Im August 2019 durfte ich diese Lok dort im Einsatz erleben.
Nach dem Erkunden des Fahrplans rollten wir nun endlich in Richtung Targu Jiu, um im Tal noch ein paar Bilder schießen zu können.
Einige Jahre zuvor habe ich dieses Tal schon einmal durchfahren und war von der Landschaft mit ihren spektakulären Motiven hellauf begeistert. Leider war damals wegen Reparaturarbeiten die Strecke gesperrt. Bedingt durch die Enge des Tals und die kurvenreiche Strecke ist es fast unmöglich, das Auto irgendwo abzustellen. Selbst Bahnhofszufahrten kann man nur mit schweren Wendemanövern auf der Straße erreichen. Aber alles kein Problem, da weiß man wenigstens wieder, wofür das Lenkrad eigentlich gedacht ist.
Eine weitere Schwierigkeit bei solchen Aktionen besteht darin, dass man zwar die Durchfahrt von Personenzügen am Motiv anhand der Fahrpläne grob ausrechnen kann, aber bei Güterzügen funktioniert das eben nicht. Also oftmals ist dabei sehr viel Geduld gefragt. Da die Sonne hinter den Berghängen schon fast überall verschwunden war, hoben wir uns einige Motive für den kommenden Tag auf, aber ein paar Sonnenbilder wurden es ja trotzdem noch.
Weil die Strecke in Richtung Petroşani steil bergauf geht, werden fast alle Güterzüge nachgeschoben. Alle Bilder waren für den heutigen Tag im Kasten und wir konnten unsere Pension aufsuchen, die wir ausnahmsweise schon für zwei Tage gebucht hatten.
Der nächste Morgen versprach wettertechnisch wieder viel Gutes, sehr viel Sonne. Für den heutigen Tag war die Übergabe des Typhons von Georg Hocevar an den Werkbahnchef vereinbart. Freudig wurden wir hier empfangen. Die Kohlebahn Lonea, mit ihrer Spurweite von 790 mm und einer Streckenlänge von nur fünf Kilometern wurde im Jahr 1869 erbaut. Vor der Verdieselung wurde die Kohle mit E-Loks transportiert, wovon noch einige Mastfundamente erhalten blieben.
Da es bis zur Wende hier einen regen Kohletransport gab, wurde diese Strecke zweigleisig ausgebaut. Leider sind nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die gesamte Strecke in einem außerordentlich schlechten Zustand, sodass vor unserem Besuch die einzig betriebsfähige Lok umstürzte. Hocevar konnte sie wieder aufrichten und reparieren, mehr schlecht als recht konnte der Betrieb weitergehen. Während wir alles begutachteten, montierte das Personal das Typhon.
Anschließend wurde aus mehreren Fässern noch Restdiesel in einer Kanne zusammengekippt und die Lok betankt, wobei die Hälfte wieder rausfloss. Im Tank war ein Loch, was dann erstmal mit ein paar Putzlappen abgedichtet werden musste.
Jetzt kann es ja endlich losgehen, hatten wir uns gedacht, aber nichts dergleichen. Der Chef gab uns zu verstehen, dass im Bergwerk die Förderanlage kaputtgegangen ist und deshalb auch im Moment kein Zug fahren kann, also warten. Während dieser anstrengenden Tätigkeit kam in mir der Gedanke auf, beim Personal mal nachzufragen, ob ich ein Lokschild bekommen könnte.
Dem wurde wohlwollend zugestimmt, im Tausch gegen zwei Büchsen Bier. Ich ging sofort zum Auto und holte Hammer und Meißel, um die vier Senkkopfschrauben zu entfernen. Leider war das ein Fehlschlag, aber die Kollegen übernahmen mit ihrem eigenem, etwas gröberen Werkzeug das Entfernen der Schrauben. Schnell wurde das Schild noch in einen Putzlappen gewickelt, es sollte ja keiner mitbekommen, und schon lag es bei mir im Auto.
Nach dieser gelungenen Aktion wurden wir gleich noch zu mehreren Ţuica eingeladen. Aus Freundschaft habe ich auch mal genippt, aber eigentlich musste mein Beifahrer die doppelte Menge trinken. Trotzdem hat er sich tatsächlich gut gehalten. Bei diesem kleinen Umtrunk informierte uns der Chef auch gleich noch darüber, dass immer noch keine Kohle gefördert werden kann. Vielleicht fährt gegen 14 oder 15 Uhr ein Zug.
Da es mittlerweile Mittag geworden war, hatten wir jetzt noch reichlich Zeit, das kleine Museum in der ehemaligen Kohlegrube Petrila zu besichtigen.
Bevor wir das Lokdepot Lonea erreichten, kauften wir noch einen großen Beutel voll Bier ein. Groß war die Freude bei der Übergabe desselben, aber leider nicht bei uns. Heute fuhr hier kein Zug mehr, aber vielleicht morgen früh. Ohne uns groß aufzuhalten ging die Fahrt weiter ins Jiutal, wo wir noch einige schöne Motive bildlich festhalten konnten.
Folgerichtig trafen wir am Samstagfrüh wieder in Lonea ein. Ein Zug fuhr logischerweise nicht, aber dafür wurde noch einmal mit Ţuica auf die Freundschaft angestoßen.
Bei der Weiterfahrt zu unserem nächsten Fotoziel, der Industriebahn von Fieni, durchfuhren wir nun letztmalig das Jiutal und hatten bei bestem Licht noch einen fotografischen Erfolg.
Einen bitteren Nachgeschmack gibt es in Lonea aber leider doch noch. Im Jahr 2022 wurde am Bahndamm ein Fundament ausgebaggert und dabei rutschten die Gleise weg. Seitdem ruht der Betrieb auf dieser Eisenbahnstrecke. Bei meinem Besuch im August 2023 war die Situation unverändert. Bei maximal zwei Zugpaaren, die pro Woche gefahren werden dürfen, ist eine Wiederinbetriebnahme der Strecke sehr unwahrscheinlich.
Laut Europäischer Union darf das Bergwerk nur noch diese geringe Menge an Kohle fördern und diese lässt sich „umweltbewusst“ über die Straße per LKW abfahren. Da es leider während der Eisenbahnexkursion im Jahr 2021 zu keinen Streckenaufnahmen dieser Industriebahn kam, habe ich am Ende dieses Beitrages noch ein paar Bilder aus dem Jahr 2013 aus besseren Tagen dieser Strecke beigefügt.