Wiesen voller Heilpflanzen in Rumänien von Silvia Nedelea
Jeder Wanderer, egal ob er zu Fuß oder mit dem Auto unterwegs ist, findet einen "Ort voller Gras, niedrig und dicht bewachsen", laut dem Wörterbuch eine Wiese, wo er sein Deckchen ausbreiten, ein Bierchen und gerne etwas Gegrilltes genießen kann.
Auf diejenigen, die weiter gehen, warten je nach Höhenlage und Jahreszeit, Überraschungen, geschichtsträchtige Pflanzen mit magischen und medizinischen Eigenschaften, die das Auge erfreuen und mit ihrem Duft in der Nase kitzeln.
Unbestreitbar sind die Wiesen im Sommer am schönsten, wenn sie voller Blumen sind, weil sie für das Heu machen angelegt sind.
Wenn die Sonne heiß ist und es eigentlich im Schatten angenehmer ist, entscheiden wir uns hier trotzdem für eine Rast an einem kleinen Ort im Paradies. Blumen, Summen, Farben, Stille, sanfter Windhauch...
Im Duft des Grases ist eine süße Note von Tuberose (Nachthyazinthe) zu riechen. Unser Blick fällt auf eine rosarote dichte Blüte. Es handelt sich um die Knollen-Platterbse (Lathyrus tuberosus). Man kann aus den Knollen und Rhizomen ein Präparat zubereiten, dass das Gleichgewicht des Verdauungssystems wieder herstellt. Aus denselben Knollen und Rhizomen werden ein Speiseöl und ein Kaffeeersatz mit medizinischen Eigenschaften gewonnen. Daneben weitere Verwandte aus der Familie der Hülsenfrüchte:
mit gelben Blüten - Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus), beruhigende, antispastische Wirkung, behandelt Angstzustände, Schlaflosigkeit, Herzklopfen
mit blassrosa Blüten - Bunte Kronwicke (Coronilla varia), reguliert den Zuckerspiegel im Blut. Die Samen enthalten große Mengen Albumin und ersetzen Fleisch in der vegetarischen Ernährung. Sie ist eine Grundzutat in der orientalischen Küche für Hummus, Falafel usw.
Diese zarten Perlen gehören zum jungen kleinen Mädesüß (Filipendula hexapetala). Diese Pflanze hat ungeahnte Eigenschaften bei der Behandlung von Asthma, Verdauungsstörungen und Blutungen. Das Wurzelpulver wird in Hautcremes verwendet.
Mal sehen ob, es sich bei dem Wetter weiter gehen lässt, denn Heilpflanzen werden nicht bei Regen geerntet.
Der Blick wird vom Blau der Gemeinen Wegwarte oder Zichorie (Cichorium intybus) angezogen. Sie verbessert die Funktion von Leber und Galle, Darm und Dickdarm und senkt den Cholesterinspiegel. Aus der Zichorienwurzel wird ein koffeinfreier Kaffeeersatz gewonnen, der beim Abnehmen hilft. Zu Beginn der Heuernte trugen früher die Bauern Gürtel aus Zichorienstängel, um ihre Gesundheit zu stärken und ihre Arbeitskraft zu steigern.
Im Farbkontrast zur Zichorie steht das Gelb der Blüten der Sânziene oder des Echten Labkrautes (Galium verum). Es blüht rund um die Sommersonnenwende und ist mit alten Bräuchen und Ritualen verbunden. Im Volksglauben werden ihm magische Eigenschaften zugeschrieben, die das Schicksal beeinflussen und für das Wohl des Hofes sorgen. Der Aufguss aus Sânziene wirkt antirheumatisch, harntreibend-abführend, beruhigend, antidepressiv und aphrodisierend. Er beruhigt gereizte Haut, macht sie geschmeidig, wirkt antiseptisch und wird bei der Behandlung von Wunden, Ekzemen und sogar Schuppenflechte (Psoriasis) verwendet. Die Pflanze enthält Enzyme, die zur Gerinnung der Milch beitragen und deshalb zur Herstellung von Joghurt oder Käse verwendet werden.
Ein Gast an einem Nelkenhalm, zwischen weißer Sânziene.
Zwischen dem Echten Labkraut und den Schafgarbe-Blüten finden Seele und Geist Entspannung, vor diesem alten Steinkreuz, das in der Vergangenheit möglicherweise eine Kreuzung oder eine Grenze markierte.
Das Dilemma des Eselchens: Schatten? Oder Lichtung mit Heilpflanzen?
Leicht zu erkennen: Hügel-Erdbeeren (Fragaria viridis).
Ein guter Rastplatz. Der Feldthymian (Thimus serpyllum), der von der Ebene bis zu den Hochwiesen vorkommt. Er ist das ganze Jahr über grün und kaum zu erkennen, wenn er nicht blüht, aber sein unverwechselbares Aroma verrät ihn. Er hat antiseptische Eigenschaften und eine beruhigende Wirkung bei Keuchhusten und Asthma. Er regt die Ausscheidung der Galle an. Thymian wird auch als Gewürz verwendet: gut für den Magen, gut für die Speisen!
Es ist angenehm in der Nähe des Feldthymians zu sitzen, der gut riecht, aber wenn sich dort auch Flachblatt-Mannstreu (Eryngium planum) befindet, muss man Handschuhe tragen! Man denkt, man sollte sich von dieser Distel fernhalten, aber die Pflanze hat eine starke entzündungshemmende Wirkung und dank der enthaltenen Saponine auch eine harntreibende Wirkung. Sie reduziert Stress und Müdigkeit. Trotz der Dornen haben sich Gärtner des Flachblatt-Mannstreus angenommen und ihn gezähmt, was zu freundlicheren Sorten mit weniger Dornen und größeren, farbenfroheren Blüten geführt hat. Deshalb wird er auch von Floristen geschätzt, die ihn gern in Blumengebinden verwenden.
Im Skulpturenhain in Vârf-Tigoarea finden wir steinerne Kunstwerke auf der Wiese vereint mit dem Großen Klappertopf (Rhinantus angustifolius). Es handelt sich um eine halbparasitäre Pflanze, deren Rhizom an den Wurzeln anderer Pflanzen, meist Hülsenfrüchten (Klee, Luzerne), haftet. Tiere umgehen ihn beim Grasen. Aus dieser Pflanze wird ein schleimlösender Sirup hergestellt. Wenn der Große Klappertopf blüht, machen sich die Bauern auf den Weg, um die Wiesen ein erstes Mal zu mähen.
Kunstwerke der Natur, riesige Felsen bewachen die Lichtung mit dem gelben Großblütigen Fingerhut (Digitalis grandeflora). Er enthält Digoxin und Digitoxin, Substanzen zur Behandlung von Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems. Wir treffen ihn auch in Gärten, wo er wegen seines dekorativen Aussehens angepflanzt wird.
Echtes Tausendgüldenkraut (Centarium erythraie), rosa Blüte, zart, mit angenehmem Duft. Der Tee daraus ist jedoch äußerst bitter und macht seinem Namen als Galle der Erde alle Ehre. Die Pflanze wird auch Erkältungskraut genannt, weil man mit ihr Fieber und Malaria behandelt. Sie hat eine stark entgiftende und antivirale Wirkung. Sie ist nützlich bei Vergiftungen mit chemischen Substanzen, heilt Wunden, behandelt Magen- und Lebererkrankungen. Das kann unsere Familie aus eigenen Erfahrungen bestätigen.
Meine Urgroßmutter litt bis zu ihrem 70. Lebensjahr unter Magenbeschwerden, im rumänischen sagt man unter „Bösem und Bitterem“ im Magen. Sie hat Ärzte aufgesucht, verschiedene Medikamente eingenommen, aber alles ohne Erfolg. Sie war dem Tausendgüldenkraut oft auf der Wiese hinter dem Haus begegnet, hatte seine Blüten bewundert, die im Heu glitzerten, und manchmal pflückte sie einen Blütenhalm und band ihn an ihre Taille, damit sie seinen Duft besser riechen konnte. Doch damals wusste sie noch nicht, welche Heilkraft in dieser Pflanze steckt. Eines Tages ging eine sehr alte Frau über die Wiese und entdeckte den Blütenhalm an der Taille meiner Großmutter. Und sie erzählte ihr, wie viele Wunder diese Pflanze bewirkt. Und dieser Tee hat sie schließlich geheilt!
Wir machen eine Pause, um das Panorama von einer Wiese aus zu bewundern, die von weißen, gezähnten Regenschirmchen der "Blume der Schande" dominiert wird. Die Alten sagen, dass diese Blüte in längst vergangenen Zeiten einen großen, dunkelroten Fleck in der Mitte hatte, die „Schande“. Mit der Zeit ist der Fleck kleiner geworden, die Scham hat nachgelassen. Jetzt sind viele Blüten völlig weiß, genau wie bei vielen Menschen die Scham verschwunden ist. Es handelt sich eigentlich um die wilde Möhre (Daucus carota). Sie hat anerkannte Anti-Aging-Eigenschaften und reinigt den Körper.
Heuschober, ein Bund Tee als Tierfutter. Im Winter sammelten die Bauern Heureste aus der Krippe und kochten Tee gegen Erkältungen. Apropos: Haben Sie schon einmal Kühe an der Apotheke anstehen gesehen?
Glöckchen, zart und weich. Wenn wir ihnen begegnen, wollen wir sie mit nach Hause nehmen. Aber es reicht, wenn wir uns mit ihrem Anblick begnügen, denn es gibt genügend Sorten, die man im Garten anbauen kann.
Bewacht von dem alten Steinkreuz teilen sich der Hain-Salbei und die Saat-Esparsette in gutem Einvernehmen ihren Platz. Der Hain-Salbei (Salvia nemorosa), bläulich, wird zur Behandlung von Erkältungen und Zahnbeschwerden eingesetzt. Die Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia) ist als Futter- und Honigpflanze wertvoll, die rosa Blüten sind sehr nektarreich und ergeben einen hochwertigen Honig. Medizinisch gesehen regt sie das Harnsystem an.
Alior oder die Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustre), hat sich hier voll entfaltet, da sie einen giftigen Milchsaft enthält, weshalb Tiere sie meiden. Aus Alior wird ein grünlich-gelbes Pigment gewonnen, das zum Färben von Stoffen und Eiern verwendet wird, aber sie ist auch eine Heilpflanze.
Jeder kann sehen, dass es sich hier um Löwenzahn handelt! Der Monat Mai erfreut die Felder, indem er diese Goldtaler verstreut. Der Löwenzahn (Taraxacum officinale) steht jedem als Vitamin- und Mineralstofflieferant zur Verfügung, lindert Rheuma, Gicht und Fettleibigkeit. Die jungen und frischen Blätter schmecken köstlich in Salaten, die Blüten in Konfitüre und Sirup. Die Bienen lieben sie. Und sie sind auch noch fotogen!
Schachtelhalme (Equisetum maximum) wachsen in den feuchteren Bereichen der Lichtungen. Es handelt sich um ein echtes lebendes Fossil, das auf der Evolutionsskala weiter unten liegt und bis ins Zeitalter des Devon zurückreicht. Es hat entzündungshemmende, harntreibende und antiseptische Eigenschaften, wird zur Behandlung von Rheuma verwendet, reinigt Nieren und Blut.
Mal sehen, was wir sonst noch entdecken!
Alant (Inula helenium) wächst auf feuchten Wiesen, es ist eine hohe, robuste Pflanze, die den ganzen Sommer über blüht. Die Rhizome (Wurzeln) sind groß (30 – 50 cm) und enthalten ätherische Öle und eine große Menge Inulin, ein Saccharat, das den Blutzucker nicht erhöht. Seine medizinischen Eigenschaften sind krebshemmend und haarwuchsfördernd. Traditionell wuschen Frauen am ersten Samstag der Osterfastenzeit ihre Haare mit einem Sud aus den Wurzeln des Alant.
Die kühne Siebenbürger Gras-Schwertlilie (Iris rutheica) neben dem Kriechenden Hahnenfuß (Ranunculus repens) in einer wunderschönen hügeligen Landschaft! Aber Vorsicht, Butterblumen sind giftig, pflückt sie lieber nicht! Aber sie haben auch therapeutische Eigenschaften und finden in homöopathischen Produkten Anwendung.
Heilende Natur!
Für meine Mutter, deren Leidenschaft für Blumen keine Wiesengrenzen kennt. Ohne ihre Liebe und Hingabe wäre dieser Artikel nicht möglich gewesen.