Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt Toni Iordache am Cimbalom 1978 in Ploiesti, mit einem halben Dutzend Tonbandgeräten platziert unter seinem Instrument. Private Live-Aufnahmen entstanden damals, in den sechziger und siebziger Jahren, heiß begehrte Ware für Toni Iordache-Liebhaber, denn er war ein Jahrhunderttalent und damals der beliebteste Hochzeitsmusiker im ganzen Land.
Iordache wurde am 17. Dezember 1942 in Bildana in der Nähe von Bukarest geboren. Mit vier Jahren lernte der Sohn eines Cimbalomspielers die tragbare Version dieses Instruments und wenig später zog die Familie ins Bukarester-Viertel Herestrau. Hier lebten viele Lautarimusiker, darunter die Brüder Victor und Aurel Gore oder wie der Sänger Dona Dumitru Siminica. Toni Iordache stieg als Teenager in das Hochzeitsgeschäft ein und wurde Gastsolist beim rumänischen Radio-Volksmusikensemble. Der Trompeter Costel Vasilescu erinnerte sich gut an ihre erste Begegnung: „Ich traf Toni 1954, damals spielte ich in der Blaskapelle meines Vaters in Chitila, einem Dorf am Rand von Bukarest. Toni spielte auch dort und alle standen nur um ihn herum und bekamen es mit der Angst zu tun, weil sein Spiel so wahnsinnig gut war“.
Toni Iordache habe viel von dem Bukarester Cimbalomspieler Mitica Ciuciu gelernt, erinnert sich Costel Vasilescu weiter. Als der junge Musiker Ciuciu besuchte, spielte ihnen der alte Lautar seine Arrangements und Interpretationen traditioneller Tänze vor. Und bei der nächsten Hochzeit einen Tag später würde Iordache schon mit ihnen glänzen. Toni Iordache stieg dann schnell zum Exportschlager der Volksrepublik Rumänien auf und tourte mit staatlichen Folklore-Ensembles durch europäische Länder, die USA und Asien. Oft fuhr er bei seiner Rückkehr vom Flughafen Bukarest direkt zu einer Hochzeit, wo die anderen Musiker schon auf ihn warteten.
Hochzeiten waren eine schweißtreibende, aber lukrative Arbeit, denn sie begannen am Morgen und dauerten bis zum nächsten Morgen, manchmal feierten die Leute sogar zwei oder drei Tage, die Musiker, meist Roma, arbeiteten bis zur Erschöpfung. Toni Iordache schlug die Saiten seines Instruments mit atemberaubender Geschwindigkeit (25 Schläge pro Sekunde) an. Er war nicht nur berühmt für seine komplexen Soli, er konnte mit jeder Hand eine andere Melodie spielen, die sich ergänzte, er war auch ein begnadeter Ensemblespieler, der Melodien mit orientalischen Elementen und raffinierten Rhythmen anreicherte. Für Toni Iordache bestand Technik aber nicht nur aus Geschwindigkeit, sondern auch aus Anschlag, Interpretation, Fantasie und Inspiration.
Es heißt, dass Sergiu Celibidache, der weltberühmte rumänische Dirigent, während eines seiner Besuche in Bukarest Toni Iordache hörte und ihn beim Abschied mit Tränen in den Augen umarmte. Und es ist kein Zufall, dass zwischen 1965 und 1980 viele Electrecord-Aufnahmen mit „muzica lautareasca“ mit Toni Iordache aufgenommen wurden. Außer während seiner Zwangspause im Gefängnis. Denn als der Musiker Anfang der Siebzigerjahre von einer Tournee zurückkehrte, wurde er wegen Devisenschmuggel verhaftet. Selbst der renommierte Orchesterleiter Florian Economu konnte seinem Solisten bei der Gerichtsverhandlung nicht helfen, als er sagte: „Wir haben drei Giganten in Rumänien, Nicolae Ceaușescu (Staatsoberhaupt), Ilie Năstase (rumänischer Wimbledon-Doppel-Tennismeister) und den Cimbalom-Spieler Toni Iordache, wollt ihr ihn wirklich für eine paar Dollar verurteilen?“.
Allerdings wurde der Besitz eines einzigen Dollars in Rumänien bis Dezember 1989 als ein Verbrechen geahndet und das Gericht verurteilte Iordache zu drei Jahren Gefängnis. Der Prozess wurde natürlich damals offiziell nicht erwähnt, nur die Musiker der Szene wussten davon und waren gewarnt. Allerdings gab es Mithäftlinge, die Toni Iordache schwere körperliche Arbeit ersparen konnten, indem sie gegen Bezahlung seinen Anteil übernahmen. Diesen Menschen ist es zu verdanken, dass Iordache nach der Entlassung überhaupt noch spielen konnte. Der Musiker, der bereits an Diabetes litt, verlor im Gefängnis so viel Gewicht, dass er bei der Entlassung wie ein Heranwachsender aussah, erlangte aber nach seiner Freilassung bald seine alte Bühnenform zurück. Auch für Dan Armeanca, den Paten des rumänischen Gypsy-Pop, spielte Toni Iordache eine entscheidende Rolle. „Er respektierte die Tradition, ließ aber schon damals Jazz-Einflüsse anklingen. Er hat uns jungen Musikern durch seine musikalische Kühnheit Mut gemacht.“ Wenn er mit einem Solo loslegt, reißt er die Zuhörer mit, und erst am Ende merkt man, dass man den Atem angehalten hat.
Toni Iordaches letzte Auslandstournee führte ihn in die Niederlande. Nach seiner Rückkehr wurde ihm eine Beinamputation empfohlen, doch Toni Iordache überlebte die Operation nur wenige Stunden.
Zu seiner Beerdigung im Februar 1988 pilgerte nicht nur die Crème de la Crème der Lautari-Szene, Familie, Freunde und Fans folgten dem Leichenwagen, der von vier schwarzen Pferden gezogen wurde. Iordaches guter Freund, der Trompeter Costel Vasilescu, war Mitorganisator der Beerdigung. Es wurde ein würdiger Abschied von Toni Iordache. Sein Sohn Leonard ist auch ein ausgezeichneter Cimbalomspieler. Sein Enkel Bogdan studierte ebenfalls Cimbalom, starb aber mit 23 Jahren bei einem Autounfall.
Geamparale de la Babadag aus der CD "Sounds from a bygone Age Vol. 4"