Das Bergmandl von Dognatschka
ausgesucht von Richard Kreiling
gemalt von Béla
In früheren Zeiten arbeiteten die Bergleute nicht nach Anweisung der Vorgesetzten, sondern nach eigenem Gutdünken; sie wurden nach der Erzmenge, die sie erzeugten, bezahlt. Sie arbeiteten nicht in gerader Linie, sondern gingen dem Erze nach: hinauf und hinunter, hinüber und herüber – wie man das heute noch an alten Gängen sieht. Zu der Auffindung der Ader gehörten Fachkenntnisse und Glück, und manchmal gab auch das Bergmandl einen Wink: Wo die Bergleute das Bergmandl sahen oder hörten, hatten sie Hoffnung auf reiche Erze und guten Lohn. Meist zeigte sich das Bergmandl an Sonn- und Feiertagen, wenn in der Grube die Arbeit ruhte. So war es einmal "auf Kaiserisch" (im Kaiser-Ferdinand-Erbstollen). Den Sonntag über war niemand darin, aber am Sonntagabend wurde schon angefahren: Das war die erste Schicht.
Zwei Männer, die mit dieser Schicht gekommen waren, der Höher Ferdinand und der Moser Alois, gingen im Stollen ihrer Arbeitsstelle zu. Auf einmal hörten sie ein Klopfen und Arbeiten. Sie konnten zuerst wegen der Krümmung des Stollens nichts sehen. Wie sie aber die gerade Linie herauskamen, erblickten sie zwei Lichter und zwei Mandl, die hantierten am Orte. Die Männer blieben stehen und schauten dem eine Weile zu. Auf einmal war alles verschwunden und Finsternis wie vorher. Wie sie näher kamen, sahen sie die frischen Bohrlöcher; die Bohrer steckten noch darin, und die Handfäustel, mit denen man auf die Bohrer schlägt, lagen auf der Erde. Sie stießen auf demselben Platz auf einen reichen Stock im Silbererz.
aus: Alexander Tietz, Märchen und Sagen aus dem Banater Bergland, Kriterion Verlag, Bukarest 1976