„FrauenBilder


Einblicke in die Lebenswelt der Frauen aus Siebenbürgen von 1918 - 2018


von Prof. Dr. Sylvia Heilmann

gemalter Clip
gemaltes Bild von zwei Männern in Trachten und davor steht eine Frau
Nagy, Nach dem Tanz, 1939
Die Stellung der Frau aus Sie­ben­bür­gen war kei­ne an­dere als die der Frau­en im Rest der Welt.
Mit selbstverständlicher Hin­ga­be hü­te­te sie das Feu­er, das Haus und den Hof, über­wachte Ge­sin­de und Ge­sel­len, half bei der Feld­ar­beit, er­zog und un­ter­hielt die Kin­der, be­treute die Al­ten, Wai­sen, Kran­ken und Ge­brech­li­chen. Sie tat das ge­dul­dig, ver­ant­wor­tungs- und pflicht­be­wusst, auch wenn sie da­für sel­ten Wert­schät­zung oder gar Ent­loh­nung er­hielt. Ihr An­teil an dem für die Sie­ben­bür­gen-Sach­sen be­kann­ten aus­ge­präg­ten Ge­mein­schafts­sinn und dem ein­ma­li­gen Nach­bar­schafts­we­sen ist über­pro­por­tional.
gemalter Clip
Obwohl in Siebenbürgen schon seit 1722 die all­ge­meine Schul­pflicht be­stand, durf­ten die Mäd­chen noch im 19. Jh. nur vier Schul­klas­sen be­su­chen. Alle mone­tä­ren Res­sour­cen der Fa­mi­lie wa­ren dem männ­li­chen Nach­kom­men vor­be­hal­ten, denn er sollte es als Er­näh­rer der Fami­lie ein­mal bes­ser ha­ben. Die Toch­ter er­hielt zum Aus­gleich ei­ne Aus­steuer (auch Mit­gift: bis weit ins 20. Jh. be­stehend aus Klei­dung, Wä­sche, Haus­halts­ge­gen­stän­den) und wurde durch die Hei­rat ab­ge­sichert.
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Sie hatte keine berufliche Aus­bil­dung. Was sie wis­sen musste, lernte sie im Fami­lien­all­tag. Ihr Lebens­weg war durch den übli­chen Sozia­li­sie­rungs­pro­zess tief ver­in­ner­licht; er war al­ter­na­tiv­los. Auch die Grün­dung ei­ni­ger Frau­en- und Wohl­tä­tig­keits­ver­eine ab Mitte des 19. Jh. än­der­te da­ran wenig.
gemalter Clip
Erst als Anfang des 20. Jh. die Bil­dung und Berufs­aus­bil­dung der Frau­en an Bedeu­tung ge­wan­nen, rüt­tel­ten die Frau­en an ihrem Ge­fäng­nis. Die Grün­dung der Lehrer­in­nen­bil­dungs­an­stalt 1904 in Schäß­burg und schließ­lich die Eröff­nung des ers­ten Mäd­chen­ly­zeums 1927 in Herr­mann­stadt wa­ren Mei­len­steine der Frau­en­be­we­gung in Sie­ben­bür­gen und auch ihr Ka­ta­ly­sator.
Nachdem in Deutschland im Jahre 1901 die ers­ten Frau­en in Hei­del­berg und Frei­burg zum Uni­ver­si­täts­stu­dium zu­ge­las­sen wor­den wa­ren, stu­dier­ten nach der Jahr­hun­dert­wende auch ei­ni­ge Sie­ben­bür­gen-Säch­sin­nen an deut­schen Hoch­schulen.
gemaltes Portrait einer Frau
Jacobovits, Portrait in Rot, 1973
Dr. Josef Böhm, der 1960 in Târgu Mureș (dt. Neu­markt am Mie­resch) als Sohn der Ärzte Josef und Eli­sa­beth Böhm ge­bo­ren wurde und seit 1981 in Deutsch­land lebt, führt die Samm­lung sei­nes Vaters fort, der diese wäh­rend der Ceau­ses­cu-Dik­ta­tur in den 1960er Jah­ren in Oradea (dt. Groß­war­dein) be­gon­nen hatte. Der Vater kon­zen­trier­te sich haupt­säch­lich auf die Ma­le­rei der 1896 ge­grün­de­ten Ma­ler­schule Baia Mare (dt. Frau­en­bach) und auf die Klas­si­sche Mo­derne aus Sie­ben­bür­gen. Genau dieser re­gio­nale Be­zug auf die Kunst in ei­nem po­li­tisch iso­lier­ten Land macht die Samm­lung Böhms ein­zig­ar­tig.
gemalter Clip
gemaltes Bild von zwei geköpften Menschen
Jacobovits, Hochzeit - Vertauschte Köpfe
gemalter Clip
Hochzeit - Vertauschte Köpfe
Miklós JAKOBOVITS

* 1936 in Cluj;   ✝ 2012 in Oradea
Miklós Jakobovits lebte in Oradea (dt. Groß­war­dein). Er war Maler, Museo­loge, Res­tau­ra­tor und Schrift­steller und zu­dem ein sehr guter Freund der Fa­mi­lie Böhm. Er be­riet zu­nächst den Vater Böhm und un­ter­stützte später auch Dr. Jo­sef Böhm als wich­ti­ger Be­ra­ter bei der Fort­füh­rung der Kunst­samm­lung sei­nes Vaters.
gemalter Clip
Miklós Jakobovits studierte an der Hoch­schule der Bil­den­den Künste in Cluj. Er ar­bei­tete da­nach in Galați, Bu­ka­rest und Ora­dea. Aus­stel­lun­gen in Ora­dea, Bu­ka­rest, Cluj (dt. Klau­sen­burg), Utrecht, Ham­burg, Paris und Buda­pest. Er war Vor­sit­zen­der der Ver­ei­ni­gung un­ga­ri­scher Künst­ler in Sie­ben­bür­gen und er­hielt meh­re­re staat­li­che Kunst­aus­zeich­nun­gen in Ru­mä­nien und Un­garn. Seine Kunst ist dem Sur­rea­lis­mus na­he ste­hend, wurde aber spä­ter viel­fi­gu­rig und schließ­lich ab Mitte der 1960er ab­strakt.
altes Buch von Thomas Mann
Bei diesem Gemälde „Hochzeit – Ver­tauschte Köpfe“ wurde Jako­bo­vits von der Er­zäh­lung „Die ver­tausch­ten Köpfe“ von Tho­mas Mann (1940) ins­pi­riert. Einer in­di­schen Le­gen­de, die in iro­ni­schem Ton da­von er­zählt, dass zwei Män­ner - der „zie­gen­na­sige Schmied Nan­da“ und der „schmal­na­si­ge Kauf­mann Schri­da­man“ - die glei­che Frau (Sita) lie­ben. Schri­da­man hei­ra­tet Sita, aber sie kön­nen ihr Glück nicht fin­den. Als Schri­da­man er­kennt, dass Sita in sei­nen Ar­men lie­gend wol­lüs­tig den Na­men Nan­das rief, ent­haup­tet er sich selbst.
gemalter Clip
Nanda fürch­tet nun den Arg­wohn der Leute im Dorf we­gen dieses Selbst­mor­des und ent­haup­tet sich eben­falls. Sita, im An­ge­sicht des Blut­ba­des et­was durch­ei­nan­der, fügt sich gött­li­cher Wei­sung und setzt aus Ver­se­hen die vier Teile der Män­ner ver­kehrt herum zu­sam­men. Schri­da­man steckt nun in Nan­das per­fek­tem Kör­per und Nanda hat den Leib von Schri­da­man. Trotz schönem Leib zer­bricht die Liebe von Sita und Schri­da­man. Sita sehnt sich nach Nanda und als der Ehe­bruch mit Nanda schließ­lich voll­zo­gen ist, stechen sich die Männer ge­gen­sei­tig die Schwer­ter ins Herz. Sita hin­ge­gen lässt sich mit den Lei­chen ihrer bei­den Männer bei le­ben­di­gem Leibe als Dop­pel­witwe ver­brennen.
gemaltes Doppelportrait einer sitzenden Frau
Lakner, Diptychon, 1966
Die Galerie Schöne Höhe in Pirna prä­sen­tiert noch bis zum 07.12.2024 die wun­der­bare Aus­stel­lung „FrauenBilder“ aus der Kunst­samm­lung von Dr. Jo­sef Böhm.
gemalter Clip
gemaltes Portrait einer sitzenden Frau
Die Ausstellung gibt dabei ei­nen Ein­blick in die Le­bens­welt der Frau­en aus Sie­ben­bür­gen und zeigt gleich­zei­tig mit­tel­eu­ro­pä­ische Kunst­ge­schichte von 1918 bis 2018.
gemalter Clip
Galerie von Frauenbildern
gemalter Clip
Zu sehen sind Werke der Klassischen Moderne...
gemaltes Bild einer Frau mit ihrem Kind auf dem Arm
Fritz Kimm, Margarete Depner mit Sohn Wilhelm, Ö.a.L., 1922
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... der Avantgarde,
gemaltes abstraktes Bild einer Frau
Hans Mattis-Teutsch, Drei Vertikale, Ö.a.L. 1929
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... des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit.
gemaltes Bild einer sitzenden Frau mit einem Fernglas in der Hand
Karl Hübner, Die Wanderin, Ö.a.L. 1932
gemalter Clip
Zu sehen sind aber auch zeitgenössische Werke, wie ...
gemaltes Bild einer sitzenden Frau neben einem Korb mit Äpfeln
György Jovian, Noemi, Ö.a.L., 2008
gemalter Clip
Vertreten sind Meister­werke von Mar­git Anna, Al­fred Maca­lik, Sán­dor Zif­fer, Dávid Jándi, Hans Eder, Henri Nou­veau, Fried­rich von Bömches, Al­bert Nagy, György Jovian, Mik­lós Ja­ko­bo­vits, Antal Andor Fülöp, u.a.
drei Frauen sitzen in einer Galerie
gemalter Clip
Die drei Galeristinnen aus zwei Gene­ra­tio­nen und ei­ner Fami­lie zei­gen die Kunst­wer­ke ru­mä­ni­scher, un­ga­ri­scher und deut­scher Künst­ler aus Sie­ben­bür­gen.
gemalter Clip
„Wir freuen uns, diesen ersten Teil aus der be­ein­dru­cken­den Kunst­samm­lung Böhm prä­sen­tie­ren zu dür­fen und hof­fen auf an­re­gende Ge­sprä­che und ins­pi­rie­ren­de Be­geg­nun­gen.“, sagt Sylvia Heil­mann, Kura­to­rin der Aus­stel­lung. „Je­des Werk er­zählt ei­ne ei­ge­ne Ge­schich­te und bie­tet Raum für in­di­vi­duelle In­ter­pre­ta­tio­nen.“, schwärmt Sophia und Sarah Heil­mann meint, „Die­se Aus­stel­lung ist ein Ge­nuß!“.
gemalter Clip
Die Finissage am 07.12.2024 ab 11 Uhr wird be­glei­tet von Dr. Jo­sef und Noemi Böhm, die ganz be­son­dere Ein­bli­cke und In­for­ma­tio­nen zu den Kunst­wer­ken ver­mit­teln kön­nen. Sie sind alle herz­lich ein­ge­la­den, die Viel­falt und Krea­ti­vi­tät der Kunst aus Sie­ben­bür­gen zu ent­de­cken. Der Ein­tritt ist kos­ten­frei.
gemalter Clip

Details zur Ausstellung
Titel: Frauenbilder
Finissage: 07.12.2024 um 11 Uhr
Dauer: 19.10.2024 - 07.12.2024
Öffnungszeit: Freitag – Sonntag, jeweils von 15 - 18 Uhr
oder jeder­zeit nach Ver­ein­ba­rung
Ort: Galerie Schöne Höhe, Burg­lehn­straße 13, 01796 Pirna
Te. 0172-7966003
Kuratorin: Prof. Dr. Sylvia Heil­mann
info@schoenehoehe.art
www.schoenehoehe.art
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