Wann fährt der nächste Waldbahnzug?


Längst vergangene und aktuelle Bahn­erlebnisse in den Wäldern Rumäniens


von Bertram Frenzel

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In mehreren europäischen Ländern fand in aus­ge­dehn­ten und un­zu­gäng­lichen Wald­ge­bie­ten der Holz­ab­trans­port teil­weise mit forst­wirt­schaft­li­chen Ei­sen­bah­nen statt. Bei­spiels­weise im Bay­eri­schen Wald wa­ren bis 1960 Wald­ei­sen­bah­nen im Be­trieb. Zeit­weise hatten dort die bei­den nicht mit­ei­nan­der ver­bun­denen Wald­bah­nen Spie­ge­lau und Zwie­se­lau ein Stre­cken­netz mit ei­ner Ge­samt­länge von mehr als 100 km. In an­deren Re­gio­nen wur­den diese Trans­port­mittel erst wesent­lich spä­ter durch Forst­stra­ßen und Last­kraft­wa­gen er­setzt.
Nachdem Ende 1982 in der Slowa­kei die Holz­be­för­de­rung auf der Wald­bahn Čierny Balog en­dete, kamen nur noch in Rumä­nien Dampf­lo­ko­mo­tiven regel­mäßig vor Wald­bahn­zügen zum Ein­satz. Auf den von den Forst­ver­wal­tun­gen in der ehe­ma­ligen Sow­jet­union (Russ­land und Ukra­ine), Polen und Un­garn be­trie­benen Schmal­spur­bahnen fuh­ren in den 1980er Jah­ren schon Die­sel­loks.
Für die Freunde der Dampf­trak­tion waren früher die rumä­ni­schen Wald­bahnen ein aus­ge­spro­chen loh­nen­des Reise­ziel. An­fang der 1990er Jahre gab es noch etwa 15 aktive Wald­bah­nen. Aller­dings stan­den die meis­ten da­von kurz vor der Still­le­gung bzw. fuh­ren rela­tiv un­zu­ver­läs­sig. Der Zu­stand der Fahr­zeuge und Gleis­an­la­gen war teil­weise sehr schlecht und es gab häu­fig Ent­glei­sun­gen oder an­dere Aus­fälle.
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Bereits 1991 besuchten wir die Bahnen in Mol­do­vița, Râșca (bei Făl­ticeni) und Vișeu de Sus. Diese Stre­cken konn­ten gut mit öffent­lichen Ver­kehrs­mitteln er­reicht wer­den und es gab werk­tags täg­lich Zug­be­trieb. Der Be­triebs­ab­lauf war bei sämt­li­chen Bah­nen ähn­lich. Über­wie­gend hatten die Wald­bahnen ihren Aus­gangs­punkt in einem großen Säge­werk. Von dort fuh­ren am Mor­gen die mit Dampf­lo­ko­mo­ti­ven be­spann­ten Leer­züge zu den Holz­la­de­stel­len und kehr­ten be­la­den mit­un­ter erst am Abend wieder zu­rück. Zusätz­lich waren auf den län­geren Bahnen oft mehrere Drai­si­nen un­ter­wegs. Neben Holz wurden auch Wald­ar­beiter, Lebens­mittel, Forst­trak­toren, Vieh und Tier­futter be­fördert.
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Mich faszinierte es, in den Karpaten­wäldern die schwer arbei­ten­den Dampf­loks vor den berg­wärts fahren­den Zügen zu er­le­ben. Das Zug­per­sonal war gegen­über Eisen­bahn­freun­den in der Regel aus­ge­spro­chen gast­freund­lich und hilfs­be­reit. Mir wurde immer ge­stat­tet, auf den Wald­bahn­zügen im Dienst­wagen oder auf der Loko­mo­tive mit­zu­fahren.
Im Juni 1992 hatte ich nach Beendigung meiner Lehre kurz­fristig 14 Tage frei und wollte ein zwei­tes Mal nach Rumä­nien fahren. Leider konnte ich spon­tan keine weiteren Mit­rei­senden finden. Es sollten vor­zugs­weise ab­ge­le­gene Wald­bahnen be­sucht wer­den, die nicht oder nur ein­ge­schränkt mit Bahn oder Bus er­reich­bar wa­ren. Aus diesem Grund führte ich ein altes Fahr­rad, an dem zu­vor alle nicht zwin­gend not­wen­digen Bau­teile ent­fernt wur­den, mit. So konnte ich es schnell aus­ei­nan­der bauen und selbst in über­füll­ten Ver­kehrs­mit­teln rela­tiv problem­los mit­nehmen.
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Da es damals in entlegenen Gebieten kaum tou­ris­tische Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten gab, ge­hörte zu meiner Aus­rüs­tung auch eine Plas­tik­plane und ein Schlaf­sack. Aus Gewichts­gründen ver­zichtete ich auf ein Zelt so­wie auf eine Iso­matte bzw. Luft­ma­tratze.
Von dieser spannenden Reise möchte ich nun be­richten. Zur Orien­tierung stan­den mir ledig­lich eine Auto­karte von Ge­samt­rumä­nien so­wie die Infor­ma­tionen aus dem Buch »Dampf und Wälder, 1000 km auf den Wald­bah­nen Rumä­niens« (Rudolf Reichel und Hans Huf­nagel 1990) zur Ver­fü­gung. Alles Weitere in den mir bis da­hin völlig un­be­kannten Ge­bieten konnte ich immer erst vor Ort in Er­fah­rung brin­gen. Die Hin­fahrt er­folgte über Arad.
Dampflokomotive
Im Güterbahnhof Arad konnte ich die Normalspur­dampflok 50.351 im Rangier­dienst beobachten.
Danach ging es mit dem Zug weiter nach Orăștie. Schon Anfang der 1980er Jahre wurde dort die letzte Wald­bahn­strecke auf­ge­ge­ben. Trotz­dem war das drei­schie­nige Gleis­netz im Säge­werk er­halten ge­blie­ben und den Ran­gier­dienst er­le­dig­ten un­ver­än­dert Wald­bahn­dampf­loks. Die Schmal­spur­ma­schinen hatten asym­me­trisch an­ge­brachte Puf­fer­bohlen mit Schrau­ben­kupp­lun­gen und konnten so mit Re­gel­spur­gü­ter­wa­gen ge­kup­pelt werden.
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Mein Besuch fand allerdings an einem Samstag statt und auf dem ge­samten Areal herrschte Wochen­end­ruhe. Die 764.375 als ein­zige be­triebs­be­reite Ma­schine stand kalt im Fahr­zeug­de­pot. An der 764.414 wurde unter freiem Himmel eine Haupt­un­ter­su­chung durch­ge­führt.
Dampflok und Räder
Im Waldbahndepot Orăștie standen 764.375 sowie die teil­zerlegte 764.414.
Am folgenden Tag besuchte ich Sibiu und unter­nahm mit dem Fahr­rad eine Rund­fahrt durch das histo­rische Stadt­zen­trum. Außer­dem konnte ich auf den recht um­fang­rei­chen Bahn­an­la­gen mehrere ab­ge­stellte Regel- und Schmal­spur­dampf­loks ent­decken.
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Am Montag früh kam ich dann mit dem Zug in Ras­to­lița an. Das einst weit ver­zweigte Wald­bahn­netz war zum größten Teil durch Forst­stra­ßen er­setzt wor­den. Ledig­lich ein kur­zes Rest­stück sollte in Be­trieb sein. Ent­lang einer ehema­li­gen Wald­bahn­trasse fuhr ich mit dem Fahr­rad nach Nor­den bis zu dem frü­he­ren Ab­zweig­bahn­hof Secu. Ur­sprüng­lich teilte sich hier die Strecke in drei ver­schie­dene Rich­tun­gen. Ledig­lich die nach Nord­westen füh­rende Strecke exis­tierte noch und die Gleise mach­ten einen be­nutzten Ein­druck. Etwas ab­seits der Holz­trans­port­wa­gen stand die Damp­flok 764.437. Mir wurde mit­ge­teilt, dass wahr­schein­lich am nächsten Tag ein Zug fahren soll.
Dampflokomotive
Im ehemaligen Abzweig­bahnhof Secu wurde 764.437 für gelegent­liche Einsätze bereit­ge­halten.
Daraufhin bin ich mit dem Fahrrad zurück nach Ras­to­lița und an­schlie­ßend wei­ter mit dem Zug nach Toplița ge­fahren. Hier hatte die Indus­trie­schmal­spur­bahn nach Borsec ihren Aus­gangs­punkt. Die als Ran­gier­lok ver­wen­dete 764.406R stand zwar unter Dampf, jedoch fanden an dem Nach­mittag keine Zug­be­we­gun­gen mehr statt. Mit der bereit­ste­hen­den Diesel­lok L45H-049 sollte erst am fol­genden Tag nach Borsec ge­fahren werden. Damals wurde das in Borsec ab­ge­füllte Mineral­wasser mit der Schmal­spur­bahn nach Toplița trans­por­tiert und in ge­deckte Normal­spur­gü­ter­wa­gen um­ge­laden.
Diesellok
Mit der Diesellok L45H-049 sind die Züge zwischen Toplița und Borsec bespannt worden.
Am späten Abend war ich schließ­lich wieder in Rasto­lița zu­rück und konnte dort mein zurück­ge­las­senes Fahr­rad nicht mehr finden. Ich hatte es nur mit einem sehr ein­fachen Fahr­rad­schloss ge­sichert und war da­von aus­ge­gangen, dass nie­mand für dieses Ge­fährt eine Ver­wen­dung hat. Ich wollte zwar das Fahr­rad nicht wieder mit nach Hause nehmen, aber der Ver­lust zu diesem Zeit­punkt schmerzte schon etwas.
Die folgende Nacht musste ich zwangs­läufig am Bahn­hof Rasto­lița ver­brin­gen. Ein tro­ckenes Nacht­lager war schnell ge­fun­den. Auf einem Neben­gleis standen aus­ge­mus­terte ge­deckte Güter­wa­gen und in einem davon über­nach­tete ich. Am zei­tigen Mor­gen fuhr ich dann per An­halter mit einem Lkw wieder nach Secu.
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Leider war die 764.437 nicht ange­heizt worden. Immerhin konnte ich den Lok­führer aus­findig machen. Er ver­si­cherte mir, dass defi­nitiv am nächsten Tag ge­fahren wird. Ich ent­schied mich darauf­hin spon­tan für eine Berg­tour ins nahe­ge­legene Căli­mani-Ge­birge. Die Wan­derung führte ent­lang der Wald­bahn­strecke, dann weiter auf den Haupt­kamm und über das wei­ter öst­lich ge­le­gene Paral­lel­tal zu­rück Rich­tung Secu. Die Nacht konnte ich recht kom­for­tabel in einer leer­ste­hen­den Schäfer­hütte ver­bringen.
Berglandschaft
Blick zum Călimani...
Berggipfel mit Rucksack
...und nach einer schönen Wanderung wurde später der Gebirgskamm erreicht.
Am Mittwochmorgen bot sich in Secu folgendes Bild: die Dampf­lok war zwar am Vor­tag mit Brenn­holz be­laden worden, aber unter Dampf stand sie trotz­dem nicht. Ferner waren alle Dreh­sche­mel ver­schwun­den. Am Gleis konnten frische Rei­fen­spu­ren fest­ge­stellt wer­den. Also wur­den folg­lich die Wagen mit einem Forst­traktor zu den Be­la­de­stel­len ge­schleppt. Ich hatte jetzt keine Hoff­nung mehr, dass hier in den nächs­ten Tagen ein Wald­bahn­zug mit Dampf­lok ver­kehren wird. Also ging es per An­halter zurück nach Rasto­lița und wei­ter mit dem Zug über Deda nach Reghin. Aus­ge­hend von Reghin exis­tierte eine Wald­bahn in Rich­tung Osten mit meh­reren Zweig­linien. Die Strecke im Haupt­tal war be­reits in den 1970er Jahren ein­ge­stellt wor­den, aber zwei Stich­bah­nen wur­den weiter ge­nutzt.
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Ursprünglich hatte ich geplant, mit dem Fahr­rad dort­hin zu ge­langen. Glück­li­cher­weise stan­den am Bahn­hof Reghin einige Taxis und so er­reichte ich recht schnell das Wald­bahn­de­pot in Fâncel. Wenig später kehrte 764.474 vom Stre­cken­ein­satz zu­rück. Mit den Eisen­bah­nern kam ich schnell ins Ge­spräch. Ich hatte mir in­zwi­schen die rumä­nische Sprache etwas an­ge­eig­net und konnte mich auf einem ein­fa­chen Niveau gut ver­stän­digen. Für die viel­fach sehr ab­ge­schieden lebende Land­be­völ­ke­rung brach­ten Be­sucher aus dem Aus­land oft etwas Ab­wechs­lung in den meist sehr be­schwer­lichen Arbeits­all­tag. Ich wurde gleich ge­fragt, ob ich In­te­resse hätte, am nächsten Morgen mit dem Zug in die Berge zu fahren. Später wurde mir außer­dem an­ge­boten, im Dienst­ge­bäude der Wald­bahn zu über­nachten.
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Der folgende Tag war ein voller Erfolg. Bei sonnigem Wetter konnte ich mit dem Wald­bahn­zug die 14 km lange Linie bis zum End­punkt be­fah­ren. Von der Eisen­bahn und ihrem Perso­nal ent­standen mehrere schöne Fotos. Die Lok war sehr ge­pflegt und in einem tech­nisch guten Zu­stand. Aller­dings funk­tio­nierte die Sand­streu­ein­rich­tung nicht mehr. Jedes Mal, wenn die Maschine an­fing zu schleu­dern, musste der Zug­führer voraus­lau­fen und von Hand Sand auf die Schienen streuen. Am oberen Ende der Bahn hatte leider schon der Strecken­ab­bau be­gonnen. Bereits ein Jahr später gab es diese Wald­bahn nicht mehr und auf der Bahn­trasse war eine Forst­straße an­ge­legt worden.
Mann streut Sand vor einer Dampflok
Da bei der 764.474 die Sandstreueinrichtung nicht funktionierte, musste das Zugpersonal vorauslaufen und das Sandstreuen von Hand übernehmen.
Dampflok
Pause am Streckenendpunkt der Waldbahn Fâncel.
Nachdem ich mich am Nachmittag von dem netten Zug­per­sonal ver­ab­schiedet hatte, wan­derte ich im Haupt­tal weiter bis La­pușna, dem Aus­gangs­punkt der an­deren Wald­ei­sen­bahn. Die Nacht konnte ich dort in einer ein­fa­chen Holz­hütte bei Forst­ar­bei­tern ver­bringen.
Am nächsten Tag fuhr ich in Lapușna eben­falls mit der Wald­bahn. Die 1994 ein­ge­stellte Strecke war 10 km lang und hatte eine äußerst be­schei­dene Aus­stat­tung. Im Bahn­hof Lapușna gab es ledig­lich zwei Gleise und eine Weiche. Die mit Holz bela­denen Wagen rollten grund­sätz­lich allein mit Gravi­ta­tions­kraft in das Ent­la­de­gleis. Die Dampf­lok 764.367 wurde bei Dienst­ende stets in das parallel dazu ver­lau­fende Ab­stell­gleis ge­fahren. Ein Lok­schuppen exis­tierte nicht und Fahr­zeug­re­pa­ra­turen fan­den grund­sätz­lich im Freien statt.
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Da es Freitag war, verkehrte nach­mittags ein Bus der Forst­ver­wal­tung von Lapușna nach Reghin. Viele der hier be­schäf­tigten Forst­ar­beiter und Wald­ei­sen­bah­ner konn­ten nur das Wochen­ende in ihren Heimat­orten ver­brin­gen. Die Bus­fahrt en­dete am Säge­werk und das letzte Stück zum Bahn­hof Reghin musste ich zu Fuß zurück­legen.
Dampflok
Ausgangspunkt der Waldbahn Lapușna mit 764.367.
Für das Wochenende hatte ich eine Wan­de­rung in den Süd­kar­pa­ten ge­plant. Ich fuhr in einem Nacht­per­so­nen­zug von Reghin über Deda und Ciceu (heute: Sicu­leni) nach Brașov und an­schlie­ßend von dort gleich weiter nach Pre­deal. Danach ging es zu Fuß auf den Omu (2507 m), dem höchs­ten Berg des Bucegi-Ge­birges. Ich über­nachtete in der Berg­hütte direkt am Gipfel.
Berglandschaft
Unterwegs im Bucegi.
Berggipfel mit Felsen und zwei Häusern
Nach einem langen Aufstieg bin ich endlich am Omu angekommen.
Am Sonntag erfolgte der Abstieg nach Bușteni und da­nach eine lange Bahn­fahrt über Ploiești und Bacău nach Roznov. Bei meiner An­kunft in Roznov gegen Mitter­nacht war­teten am Bahn­hof keine Taxis. So musste ich in der zweiten Nacht­hälfte ins 20 km ent­fernte Tazlău lau­fen. Beson­ders unan­ge­nehm war, dass mich in den Dörfern meistens mehrere laut bellende Hunde ver­folgten. Tazlău er­reichte ich noch vor Son­nen­auf­gang und konnte so etwa zwei Stunden auf einer Wiese am Orts­ein­gang schlafen.
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Als ich gegen 7 Uhr den Aus­gangs­bahn­hof der 15 km langen Wald­bahn auf­suchte, wurden gerade die unter Dampf ste­hende 764.411R und der als Zu­satz­ten­der ge­nutzte Dienst­wagen mit Brenn­holz be­la­den. Da­nach wurde der Zug zu­sam­men­ge­stellt und schließ­lich musste die Lok ein wei­teres Mal Wasser nehmen. Auch zahl­reiche Wald­ar­beiter mit Ge­päck und Lebens­mit­tel­vor­rä­ten für die kom­mende Arbeits­woche be­stie­gen den Zug.
Hinter dem Ort Tazlău führten die Gleise zu­nächst über Wiesen und später in einem en­gen Fluss­tal stetig berg­an. Die Haupt­at­trak­tion der Bahn war ein schät­zungs­weise 10 m hoher und 20 m lan­ger Holz­via­dukt. Wie auf vielen Wald­bahnen üblich, be­diente auch hier der Lok­führer nur während der Zug­fahrt die Maschine. Wenn unter­wegs ran­giert wurde, musste der Heizer die Lok fahren und der Lok­führer nutzte die Zeit zur Erho­lung oder zum Essen und Trinken.
Pferdegespann neben einer Dampflok
Auch auf der Waldbahn Tazlău wurde nicht täglich gefahren. Aber die 764.411R war angeheizt ...
Dampflokzug wird beladen
... und brachte später Leerwagen und zahlreiche Forstarbeiter zu den Ladestellen.
1995 wurde die Waldbahn Tazlău still­gelegt. Ursprüng­lich hatte es sich um ein aus­ge­dehn­tes Wald­bahn­netz ge­han­delt, dass in Roznov den Be­triebs­mit­tel­punkt hatte. Die letzte von Roznov aus­ge­hende Linie war 1991 bei einem schweren Hoch­wasser zer­stört und da­nach nicht wieder instand­ge­setzt worden.
Anscheinend hatte im Sägewerk Roznov noch einige Zeit inner­be­trieb­licher Bahn­trans­port statt­ge­funden. Als ich am Nach­mittag mit dem Bus aus Tazlău dort­hin zurück­kehrte, waren die Schienen­köpfe der vom Wald­bahn­de­pot zum Säge­werk füh­ren­den Ver­bin­dungs­bahn erst kürz­lich blank ge­fah­ren wor­den. Das ver­wen­dete Trieb­fahr­zeug stand aber ver­mut­lich bereits wieder im Lok­schuppen. Zum dama­ligen Zeit­punkt waren mög­li­cher­weise die Loks 764.486 und 764.404R noch betriebs­fähig.
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In der Nacht darauf fuhr ich mit dem Zug über Ciceu und Sfântu Gheorghe nach Covasna. In meiner Jugend konnte ich problem­los mehrere Tage hin­ter­ei­nan­der mit sehr wenig Schlaf aus­kom­men. Auf einer Fahrt in den früher oft hoff­nungs­los über­füll­ten Nacht­zü­gen konnte man sich schlecht aus­ru­hen. Den Halt in Covasna hätte ich bei­nahe ver­passt, denn in dem ab Sfântu Gheorghe nur gering be­setzten Per­so­nen­zug schlief ich noch ein­mal tief ein. Aber als ich in Covasna nach dem Aus­steigen Dampf­lok­ge­räusche hörte, war ich schlag­ar­tig wieder hell­wach. Schon kurz da­rauf konnte ich die beiden regel­spu­ri­gen Werk­bahn­dampf­loks 131.059 und N3-404 in Augen­schein nehmen. Vor dem Lok­schup­pen der Wald­bahn wurde zeit­gleich 764.001 für den bevor­ste­henden Ein­satz vor­be­reitet.
Dampflok
In Covasna wurde auf den Regelspur­gleisen des Sägewerkes N3-404 als Rangierlok eingesetzt.
Dampflokzug an einem Verladeplatz
764.001 abfahrbereit im Sägewerk Covasna.
Am Vormittag beförderte 764.001 ein Zug­paar ins 7 km ent­fernte Siclău. Auch hier ge­stat­teten mir die freund­li­chen Wald­ei­sen­bah­ner eine Mit­fahrt im Mann­schafts­wagen. In Siclău wurde der Höhen­un­ter­schied zu der weiter in Rich­tung Comandău führen­den Strecke mit Stand­seil­bahn (Spur­weite: 1445 mm) über­wun­den. Die Stand­seil­bahn­wa­gen hatten Platz für ein mit Holz be­la­denes Dreh­sche­mel­paar bzw. drei ein­zelne leere Dreh­schemel. Es dauerte min­des­tens zwei Stun­den, bis die Wagen eines kom­pletten Zuges die Stand­seil­bahn pas­siert hatten.
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Da die Fracht ins Tal musste, benötigte die An­lage keinen An­trieb. Der be­la­dene Wagen zog den leeren Wagen nach oben und die Um­lenk­rolle an der Berg­station hatte ledig­lich eine Brems­ein­rich­tung. Den Ver­schub an beiden Enden der Stand­seil­bahn er­le­digten Pferde. Die vier­bei­ni­gen Ran­gier­helfer waren wesent­lich kos­ten­güns­tiger als die Ver­wen­dung von Maschi­nen­kraft. Da­durch konnten die Wald­bahn­loks so­fort mit be­reits fer­tig ge­bil­de­ten Zügen die Rück­fahrt an­treten.
Pferd zieht einen Holzwagen
Auf dem Bild ist das Rangierpferd mit einem beladenen Wagen auf der kurzen Fahrt von der Talstation der Seilbahn zum Bahnhof Siclău zu sehen.
Am Nachmittag bediente 764.001 ein an der Strecke Rich­tung Siclău ge­le­genes Säge­werk. Selbst­ver­ständ­lich wollte ich auch die von Coman­dău aus­ge­hen­den Linien be­su­chen. Durch Zu­fall hatte ich mit­be­kommen, dass am Abend ein Bus dort­hin fah­ren soll. Zur ge­planten Ab­fahrts­zeit konnte ich an der zen­tra­len Halte­stelle in Co­vasna den ent­spre­chen­den Bus erst ein­mal nicht fin­den. Etwas später tauchte ein ROMAN-Lkw mit einem Spezial­auf­bau auf. Als in das Fahr­zeug einige der an­we­sen­den Per­sonen stie­gen, wurde mir klar, dass es sich um den Lokal­bus nach Coman­dău han­deln muss. Wahr­schein­lich kam das Fahr­zeug direkt von der Post, denn es wurden auch Post­säcke und Stück­gut trans­por­tiert. Während der Fahrt wurde mir schnell klar, warum auf dieser Linie der um­ge­baute Lkw ver­kehrte. Die in die Berge führende Schotter­straße war in einem extrem schlechten Zu­stand und ein normaler Bus konnte un­mög­lich ver­wendet werden.
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In Comandău suchte ich sofort den Bahn­hof der Wald­ei­sen­bahn auf. Neben der Ver­bin­dung zur Stand­seil­bahn wurde nur noch die Linie ins etwa 19 km ent­fernte Mani­cica be­trie­ben. Die nach Süden ver­lau­fende Strecke war erst kurz zu­vor demon­tiert wor­den. Am Sta­tions­ge­bäude waren an einer schwar­zen Tafel die Ab­fahrts­zei­ten der Wald­bahn­züge und Drai­sinen für den Folge­tag an­ge­schrie­ben. Zu meiner Freude sollte früh ein Dampf­zug nach Mani­cica ver­keh­ren. Im Sommer 1992 wurden näm­lich auf dieser Linie rela­tiv selten Holz­trans­porte durch­ge­führt.
Danach versuchte ich eine Her­berge für die fol­gen­den Tage zu fin­den. Heute gibt es in dem Wald­ar­bei­ter­ort mehrere Pen­sio­nen bzw. Gäste­häuser, aber da­mals hatte der Tou­ris­mus in dieser Region nur eine sehr ge­ringe Be­deu­tung. Etwas außer­halb konnte ich in einer Wald­ar­bei­ter­un­ter­kunft schließ­lich pro­blem­los näch­ti­gen. Es wohn­ten dort unter der Woche zwölf aus Lo­pătari stam­mende Forst­ar­bei­ter. Von Diens­tag bis Don­ners­tag muss­ten täg­lich min­des­tens zehn Stun­den hart im Wald ge­ar­bei­tet wer­den, da mon­tags und frei­tags wegen der lan­gen An- und Ab­reise die Arbeits­tage ent­spre­chend kür­zer wa­ren. Zum Feier­abend wurde dann ge­mein­sam nahr­hafte Mămă­ligă (Mais­brei) ge­ges­sen und als »Nach­tisch« gab es Țuică. Die Wald­ar­bei­ter waren abends sehr müde und legten sich schon vor Son­nen­un­ter­gang schlafen.
Waldarbeiterhütte
In dieser Waldarbeiterunterkunft bei Comandău übernachtete ich.
Die Waldbahnfahrt am nächsten Tag nach Manicica und zurück dauerte ins­ge­samt sieben Stun­den. Auf dem Rück­weg musste der Zug vor dem Holom-Pass (1 200 m) ge­teilt wer­den. Wegen der star­ken Stei­gung konnte eine Reșița-Lok nur maxi­mal fünf be­la­dene Wa­gen auf die Pass­höhe schlep­pen. Wäh­rend mei­nes Be­suches war 764.455 in Be­trieb und kalt im Lok­schup­pen stan­den 764.379 und 764.405R.
Dampflok
764.455 auf dem Weg nach Manicica am Gleis­dreieck Benedec ...
Dampflokzug an einem Verladeplatz
... und etwas später beim Wasserhalt an der Abzweig­stelle Dealu Negru.
Dampflokzug an einem Verladeplatz
Auf der Waldbahn Comandău kamen auch Draisinen zum Einsatz.
Am Donnerstag bespannte dann 764.455 zwei Zug­paare zur Stand­seil­bahn. Die Züge auf der 10 km langen Strecke trans­por­tier­ten nur zum Teil Stamm­holz. Das im Säge­werk in Coman­dău zu Bret­tern ver­ar­bei­tete Holz wurde eben­so mit der Wald­bahn nach Co­vasna ab­ge­fahren. Letzt­malig hat es 1999 regu­lä­ren Be­trieb auf der Wald­bahn ge­ge­ben. Seit 2019 ver­keh­ren auch keine Tou­ris­ten­züge mehr.
Dampflok
764.455 in Comandău bei der Bereit­stellung eines Zuges mit Schnitt- und Stammholz zur Standseilbahn.
Dampflokzug mit Holz beladen
Die Strecke von Comandău zur Berg­station der Stand­seil­bahn überwindet auf etwa 1 100 m den Hauptkamm des Karpaten­bogens.
Auf der Rückfahrt nach Covasna konnte ich die Wald­bahn nutzen. Von Coman­dău fuhr ich mit dem Zug zur Berg­sta­tion und ge­langte an­schlie­ßend mit der Stand­seil­bahn be­quem hinun­ter ins Tal. Mit einem Stadt­bus er­reichte ich den Bahn­hof Co­vasna und da­nach folgte eine Nacht­zug­fahrt nach Reghin. Von dort setzte ich meine Reise in einem Taxi nach Câmpu Cetății fort.
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Als ich am Waldbahndepot ankam, stand 764.467 an­ge­heizt vor dem Lok­schup­pen. Der Hei­zer sagte mir, dass bald (was spe­ziell bei den Wald­bah­nen ein sehr dehn­barer Be­griff war) mit der Zug­ab­fahrt zu rech­nen ist. Zu die­ser Zeit wurde nur noch die 8 km lange Strecke nach Osten be­dient. Das 5 km lange Ver­bin­dungs­gleis zur Staats­bahn­schmal­spur­bahn exis­tierte zwar noch, wurde aber nicht mehr ge­nutzt. Über die­ses Gleis ver­kehr­ten früher CFR-Schmal­spur­gü­ter­wa­gen mit Holz im Durch­lauf vom Wald­bahn­bahn­hof Câmpu Cetătii bis Târgu Mureș.
Einige Zeit später erhielt ich die In­for­ma­tion, dass kein Lok­füh­rer zum Dienst er­schie­nen sei und erst am Mon­tag wie­der ge­fah­ren wer­den solle. Er­freut über das vor­zei­tige Wochen­ende fuhr der Hei­zer die Ma­schine so­fort zu­rück in den Lok­schup­pen. Wenig spä­ter schlen­derte er zu­frie­den ver­mut­lich in die nächste Bar, um zusam­men mit den Kol­le­gen den einen oder an­deren Țuică zu trin­ken. Für mich war die Situ­ation etwas bedau­er­lich, aber bei den klei­nen Wald­bahn­be­trie­ben musste immer da­mit ge­rechnet wer­den, dass die nächste Zug­fahrt in einem oder erst in zwei Tagen er­folgt. Bis zum Mon­tag konnte ich de­fi­nitiv nicht war­ten, denn da wollte ich bei meinem neuen Arbeit­ge­ber un­be­dingt pünkt­lich er­scheinen.
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Ich folgte dem Verbindungsgleis zum Halte­punkt an der Staats­bahn­schmal­spur­bahn. Dort musste ich mich bis zum Nach­mit­tag ge­dul­den, denn von Sovata nach Târgu Mureș ver­kehrte nur ein­mal täg­lich ein Per­so­nen­zug. Die Heim­reise führte über Răz­boieni, Cluj-Na­poca, Ora­dea, weiter durch Un­garn und die dama­lige ČSFR. Auf der Wald­bahn von Câmpu Cetă­ții fand mit Un­ter­bre­chun­gen bis 1997 Be­trieb statt und in den fol­gen­den Jah­ren hatte ich so­gar zwei­mal die Ge­le­gen­heit, einen Zug auf der Strecke zu er­le­ben. Auch konnte ich später noch die Wald­ei­sen­bah­nen Mar­gina, Scu­taru (bei Onești) und Tis­mana in Be­trieb er­leben.
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Auszug aus dem immer noch HIER be­stell­ba­ren »Themen­heft Rumä­nien II« (Fern-Ex­press IV/2022) mit aus­führ­li­chen In­for­ma­tio­nen über:

Doch jetzt ein Blick in die Gegen­wart. Heute sind die er­hal­ten ge­blie­benen Wald­bah­nen in erster Linie Tou­ris­ten­at­trak­tio­nen. In Mol­do­vița wurde die Strecke wie­der bis nach Argel ver­län­gert und es ver­keh­ren regel­mäßig Tou­ris­ten­züge mit Dampf­lok. Da­rüber hi­naus ist die ehe­ma­lige Nor­mal­spur­bahn Rich­tung Vama bis Vatra Mol­do­viței auf Schmal­spur um­ge­baut wor­den. Dort haben die Fahr­gäste Ge­le­gen­heit, das zum UNESCO-Welt­erbe zäh­lende Klos­ter zu be­sich­ti­gen. Nähere Infor­ma­tio­nen dazu HIER.
Diesellok im Bahnhof
Die Touristenzüge zwischen Moldovița und Vatra Moldoviței fahren planmäßig mit Diesel­traktion.
Erst seit Ende 2024 fahren bei Sereca auf einem kurzen wieder auf­ge­bau­ten Ab­schnitt der ehe­ma­li­gen Wald­bahn Orăștie Nostal­gie­züge. Nur auf der Wald­bahn Vișeu de Sus (»Wasser­tal­bahn«) fin­det neben dem Tou­ris­ten­ver­kehr (In­for­ma­tio­nen da­zu HIER) zu­sätz­lich Holz­be­för­derung statt.
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Von dem früher verzweigten Wald­bahn­netz ist nur noch die durch das Vaser­tal füh­rende Haupt­linie in Be­trieb. Der mittlere Teil des Tales ist auf einer Dis­tanz von etwa 15 km eine felsige Schlucht und stellt für den Stra­ßen­bau eine natür­liche Barriere dar. Aller­dings exis­tiert vom Berg­bau­ort Băile Borșa eine Stra­ßen­ver­bin­dung ins obere Vaser­tal, über die in­zwi­schen ein Groß­teil des ge­schla­genen Holzes ab­trans­por­tiert wird.
Im Mai 2025 verbrachte ich einige Tage in Borșa auf einem Campingp­latz. Ich hatte mir ein Moun­tain­bike ge­lie­hen, mit dem ich auch das obere Vaser­tal er­kun­den wollte. Der ge­naue Ver­lauf der Forst­stra­ßen war mir lei­der nicht be­kannt. In Băile Borșa fragte ich nach dem Weg, aber die Aus­künfte waren wider­sprüch­lich. Letzt­end­lich fuhr ich auf einer rela­tiv gu­ten Beton­plat­ten­straße berg­wärts und konnte schnell an Höhe ge­win­nen. Aller­dings en­dete die Straße auf 1 350 m an einem still­ge­legten Berg­werk.
In Băile Borșa erkundigte ich mich nach dem Weg ins Vasertal.
Über diese Betonplattenstraße radelte ich bergwärts.
Hier an diesen ehemaligen Schachtan­lagen endete die immer schlechter werdende Straße.
Vielleicht möchte jemand in Rumänien investieren und dieses Gebäude in ein Berghotel umbauen?
Danach folgte ich einem steilen Wan­der­weg (rote Markie­rung). Das Fahr­rad musste ich jetzt schieben und zuneh­mend be­hin­derte auch Schnee mein Vor­wärts­kommen. An der Pass­höhe auf ungefähr 1 600 m stand eine kleine Schutz­hütte (Refu­giul Montan Luca­ciasa). Ein Stück west­lich lag der Berg Toroiaga (1 927 m). Es war hier oben völlig ein­sam und abso­lut still. Nur ziem­lich frische Bären­spuren waren im Schnee zu er­ken­nen. An­schei­nend han­delte es sich um ein Mutter­tier mit einem Jungen. Inte­res­sant war, dass das Jung­tier exakt in der Spur des großen Bären ge­lau­fen ist.
winterlicher Weg
Der nun folgende Weg war für Radfahrer nur eingeschränkt nutzbar.
Bärenspur im Schnee
In dem Fußabdruck eines großen Braunbären befindet sich ein weiterer Abdruck von einem kleinen Bären.
winterlicher Berglandschaft
Bei dem markanten Berg in der linken Bildhälfte handelt es sich um den 1 927 m hohen Toroiaga.
winterlicher Berglandschaft
Eine eindrucksvolle Szenerie auf 1 600 m: Auf dem dunklem Gebirgskamm links hinter dem Refugiul Montan Lucaciasa verläuft die rumänisch-ukrainische Grenze.
winterlicher Berglandschaft mit Wegweiser und Fahrrad
Trotz Wegweiser war es wegen der geschlossenen Schneedecke nicht ganz leicht den Weg zu finden.
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Wegen der geschlossenen Schnee­decke war der Ab­stieg ins Vaser­tal nicht leicht zu finden. Auf der Tal­fahrt musste ich an eini­gen be­son­ders stei­len Stel­len vom Fahr­rad stei­gen und schie­ben. Unter­wegs be­fan­den sich mehrere leer­ste­hende Ge­bäude und ehe­ma­lige Schach­tan­lagen. Auch in die­sem Ge­biet hat früher ein­mal Berg­bau statt­ge­fun­den. An der Lade­stelle Măcâr­lău (km 36,6; der heutige Aus­gangs­punkt der Wald­bahn in Vișeu de Sus be­fin­det sich am Stre­cken­ki­lo­me­ter 3,2) er­reichte ich schließ­lich das Vaser­tal und so­mit auch die Wald­bahn.
Tal mit Berglandschaft
Ein Blick zurück: Von dem schneebedeckten Gebirgskamm bin ich talwärts geradelt, gerade habe ich die früher dem Bergbau dienenden Gebäude passiert und bis zum Vaserfluss ist es nun nicht mehr weit.
Ich folgte jetzt dem parallel zum Fluss Va­ser ver­lau­fen­den Forst­weg tal­auf­wärts. Mehr­fach wurde der Fluss ge­quert. An den Fur­ten war die Strö­mung nicht sehr stark und mit dem Moun­tain­bike konn­ten diese problem­los – nur bis zum Knöchel wurden die Füße nass – pas­siert wer­den. Bei Hoch­wasser ist die Situ­ation für Fuß­gän­ger und Rad­fahrer natür­lich ganz anders.
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Bald hatte ich die Abzweigstelle Gura Ște­vioarei (km 37,5/km 0,0) er­reicht, wo die letzte noch exis­tie­rende Zweig­linie ihren Aus­gangs­punkt hat. Ich fuhr mit dem Fahr­rad teil­weise zwischen den Schie­nen bis zu dem sehr idyl­lisch ge­le­genen End­punkt Ște­vioara (km 3,0). Aller­dings waren die Gleise schon länger nicht mehr be­nutzt worden und mög­li­cher­weise wird der Zug­ver­kehr nicht wieder auf­ge­nommen.
Übrigens bin ich in diesem Seiten­tal von einer Streife der rumä­ni­schen Grenz­po­lizei an­ge­hal­ten und kon­trol­liert wor­den. Bis zur rumä­nisch-ukra­inischen Grenze sind es nur wenige Kilo­meter und an­schei­nend flüch­ten viele ukra­inische Män­ner – die im Alter zwi­schen 23 und 60 Jah­ren offi­ziell nur mit einer Son­der­ge­neh­mi­gung das Land ver­las­sen dür­fen – hier über die Berge. Diese Route ist zwar ge­fähr­lich (un­weg­sa­mes Ge­lände mit häu­fi­gem Wetter­we­chsel und schwie­ri­ger Orien­tie­rung), aber in Berg­re­gio­nen wird ver­mut­lich die Grenze von den ukra­inischen Be­hör­den weniger stark be­wacht als in deut­lich bes­ser er­schlos­senen Ge­bieten.
Gleise in der Berglandschaft
Ob jemals ein Zug wieder den Bahnhof Ștevioara erreichen wird?
Anschließend erkundete ich das Vaser­tal weiter fluss­auf­wärts. Bis Valea Babei (km 38,3) waren die Wald­bahn­gleise noch intakt. Auf dem Ab­schnitt bis Coman (km 43,5) lagen viele um­ge­stürzte Bäume, aber mit ver­tret­ba­rem Auf­wand könnte die Strecke wieder be­fahr­bar ge­macht wer­den. Die schon vor vielen Jahren auf­ge­ge­bene Ver­bin­dung von Coman nach Izvo­rul Bouli (km 46,3) ist eben­falls vor­han­den, aber die Gleise wur­den durch Forst­trak­toren und Hoch­wasser irre­pa­rabel be­schädigt.
Holzgebäude neben Gleisen
Viele Jahre war der Bahnhof Coman der Endpunkt der Waldbahn Vișeu de Sus.
Forstweg mit kaputten Eisenbahngleisen
Die Strecke oberhalb von Coman wurde durch Hochwasser ...
Traktor auf Forstweg
... und Forsttraktoren zerstört.
Der Ausgangspunkt der Forst­straße Rich­tung Băile Borșa konnte schnell ge­fun­den wer­den. Diese zwischen Valea Babei und Coman bei Ivăș­coaia (km 41,0) von der Tal­straße ab­zwei­gende Ver­bin­dung nutzte ich auf dem Rück­weg. Der Ab­schnitt bis zu dem 1 400 m hohen Pass­über­gang war erst zuvor sa­niert wor­den und gut fahr­bar. Die Tal­fahrt er­folgte über einen en­gen und teil­weise schlam­mi­gen Wald­weg. Für mich war es sehr an­ge­nehm, end­lich ein­mal be­quem ohne Kraft­an­stren­gung berg­ab zu rol­len. Für die Fahrer der schwe­ren, mit Holz be­la­denen Lkw ist diese Pas­sage eine echte Heraus­for­de­rung. Nach vielen Ser­pen­tinen er­reichte ich den Fluss Tâșla. Durch dieses Tal fuhr ich über Băile Borșa zurück nach Borșa.
Berglandschaft
Diesen 1 400 m hohen Pass musste ich auf der Rückfahrt vom Vasertal nach Borșa überwinden.
In der folgenden Woche verbrachte ich zu­sam­men mit Freun­den einige Tage in Vișeu de Sus. Da die regu­lären Tou­ris­ten­züge nur bis Paltin (km 21,6) ver­keh­ren, char­ter­ten wir uns eine Drai­sine, um wei­ter hi­nauf ins Vaser­tal zu ge­lan­gen. Eigent­lich sollte die Fahrt bis Valea Babei (km 38,3) gehen, aber wegen eines Mu­ren­ab­gan­ges mussten wir leider ein Stück un­ter­halb von der Ab­zweig­stelle Gura Ște­vioarei (km 37,5/km 0,0) wen­den. Auf der Rück­fahrt be­sich­tig­ten wir den Sol­da­ten­fried­hof bei Miraj so­wie die Ka­pelle der Hei­ligen Elisa­beth in Faina.
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Abfahrt in Vișeu de Sus.
Autodraisine nach Tunnelausgang
Fotohalt an einem der drei zwischen Bardău und Botizu gelegenen Tunnel.
drei Autodraisinen
Draisinenparade in Mărcârlău.
Soldatengrab
Der gepflegte Soldatenfriedhof bei Miraj.
Soldatengrab
Tal mit Gleisen und Holzhäusern
Pause in Faina.
Holzkirche
Kapelle der Heiligen Elisabeth in Faina.
An diesem Tag war auch ein dem Holz­trans­port die­nen­der Pro­duk­tions­zug (rumä­nisch: Tren de pro­ducție) auf der Strecke. Dieser be­diente die Lade­stelle Șuli­guli (km 29,3) und fuhr zum Ran­gie­ren und Um­set­zen wei­ter bis Faina (km 31,2). Auf der Rück­fahrt über­holte unsere Drai­sine in Cozia den deut­lich lang­sa­mer tal­wärts rol­len­den Zug. Ein Teil der Gruppe stieg in den Dienst­wagen des Pro­duk­tions­zuges um und kehrte mit die­sem nach Vișeu de Sus zurück. Im Gegen­satz zu frü­her fah­ren kaum noch Forst­ar­bei­ter in den un­re­gel­mä­ßig ver­keh­ren­den Pro­duk­tions­zü­gen mit. Für den Arbeits­weg wer­den heute haupt­säch­lich Drai­sinen ver­wen­det. Nur an man­chen Ta­gen er­rei­chen die Pro­duk­tions­züge die Lade­stel­len Lostun (km 33,5) und Miraj (km 35,6). Die Zug­för­de­rung über­neh­men seit etli­chen Jah­ren grund­sätz­lich Diesel­loks. Ledig­lich die Tou­ris­ten­züge fah­ren mit Dampf­traktion.
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Voraussichtlich in der Ausgabe 2/2026 der Zeit­schrift LOK Re­port (erhält­lich im Bahn­hofs­buch­handel oder be­stell­bar beim Ver­lag) wird über den Be­trieb sowie den Fahr­zeug­park von sämt­li­chen rumä­ni­schen Schmal­spur­bah­nen – neben Wald­bah­nen auch Indus­trie- und sons­tige Tou­ris­ten­schmal­spur­bah­nen – aus­führ­lich be­rich­tet. Näheres dazu HIER.
Unterwegs im Dienstwagen des Produktionszuges.
stehender Zug neben Holzstämmen
Der mit 87-0033 bespannte Produktionszug wurde bei Faina aufgenommen.
Dampfloks vor einem Lokschuppen
Nur die Touristenzüge auf der Waldbahn Vișeu de Sus werden mit Dampf­lokomotiven bespannt. Hier sind 764.408, 764.211, 764.457 und 764.480 vor dem Lok­schuppen zu sehen.
Mitfahrt im Produktionszug während der Talfahrt.
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