Leider hat es sich nun bewahrheitet, der letzte Rumänienadventskalender hat begonnen. Insgeheim hatte ich zwar gehofft, dass es weitergeht, aber man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.
Im Prinzip ist es ja so, dass man sich als Autor eines Beitrages erstmal ein Thema heraussuchen muss, in der Annahme, dass könnte was für den Kalender sein, und anschließend erfolgt die schriftliche und bildermäßige Umsetzung.
Da ich meine Beiträge immer handschriftlich verfasse, war es stets die Aufgabe von Ines meine Sauklaue in den Computer einzutippen, was sicherlich kein leichtes Unterfangen war. Und unser Sohn Felix half mir beim Scannen der Bilder. An beide nochmal mein Dank dafür.
Wenn das alles so weit fertig war, konnten Hans und Gudrun endlich zuschlagen. Sozusagen müssen 24 Berichte zu ordentlichen Beiträgen gestaltet werden. Eine Heidenarbeit und das zum Jahresende. Sicherlich war alles mit einigen Nachtschichten verbunden.
Bei all meinen Beiträgen im Adventskalender habe ich immer den Versuch unternommen, keine reinen Eisenbahnvorträge zu schreiben, sondern Land, Menschen, Geschichte und Geschehnisse am Rande mit einzubeziehen. Mir ist schon bewusst, dass diese „etwas“ länger waren als andere, ich glaube, ich bin der Erfinder solcher Reiseberichte an dieser Stelle. Aber wem es nicht gefallen hat, der muss es ja nicht lesen bzw. anschauen. Die Leidtragenden waren stets Hans und Gudrun.
Jeder Beitragsschreiber hat eben seine eigene Sichtweise auf das Land. Ob es nun Wandern, Motorradfahren, Kirchen, Höhlen, Essen usw. in der Vergangenheit waren. Auf jeden Fall konnte man aus jedem der über 450 Kalendertürchen Anregungen für den nächsten Urlaub schöpfen.
Sicherlich haben sich einige Leser im Laufe der Jahre gefragt, wie man auf die Idee kommt, dem alten Eisen in schöner Landschaft hinterher zu jagen. Ich denke, es ist mir schon mit in die Wiege gelegt wurden. Seitdem ich mich erinnern kann, war mein Vater Modelleisenbahner. In der Vorweihnachtszeit klappte er sein Eisenbahnbrett von der Wand und das Kinderzimmer war zu, aber mein Bett hatte gerade noch Platz. In der Stube wurde meine Anlage aufgebaut. Und dann zu Weihnachten waren dann noch alle Omas und Opas mit dabei. Da ging kein Äpple in der 2½ Zimmer-Wohnung mehr zur Erde.
Ja, die Mama hat es in dieser Zeit oft nicht leicht gehabt, aber irgendwie hat es immer funktioniert. Ab Mitte der siebziger Jahre wurde ich Mitglied der Karl-Marx-Städter Modeleisenbahn-Arbeitsgemeinschaft, wo ich meinen langjährigen Eisenbahnkumpel kennenlernte. Er frönte nebenbei der Eisenbahnfotografie und ab da ging eigentlich alles los. Als mit der Wende der Untergang der „guten alten Eisenbahn“ eingeläutet wurde, erlosch auch mein fotografisches Interesse für die Bahnen der ehemaligen DDR. Folgerichtig kam es zu einer gewissen Neuorientierung in Richtung Osteuropa. Hier hatte der Fortschritt im Eisenbahnwesen noch nicht ganz so zugeschlagen wie in Deutschland.
In den folgenden Jahren führten mich die Fototouren mehrmals nach Ungarn, Polen, in die baltischen Staaten, die Ukraine und Tschechien sowieso. Aber ein Land hatte es mir besonders angetan – die Slowakei. Sozusagen meine Erstberührung mit den Karpaten. Nicht nur viele Familienurlaube konnte ich in der Niederen Tatra verbringen, sondern auch zahlreiche Eisenbahnexkursionen. Der Schritt nach Rumänien war also nicht mehr weit. Übrigens, bei all meinen Reisen war die Zeitschrift „Lok Report“ stets ein guter Wegweiser.
Im Frühjahr 2007 bekam ich Kenntnis, dass eine Truppe mir bekannter Eisenbahnfans eine Exkursion zur Wassertalbahn plante. Mein Entschluss stand fest, hier muss du dich mit einklinken.
Der Hauptorganisator war ein tschechischer Lokführer aus Brno. Vor unserer Reise war er noch vor Ort und hatte alle Sonderfahrten und Pensionen klargemacht. Am Freitag, den 22.6.2007, konnte es endlich losgehen. Treffpunkt war der Dresdner Hbf. Felix, mein Eisenbahnkumpel und natürlich auch ich wollten uns in Dresden mit den anderen sechs Deutschen treffen. Da den ganzen Tag schon Meldungen vom Endlosstau mit mehreren Unfällen zwischen Hainichen und Dresden im Verkehrsfunk liefen, sind wir mehrere Stunden eher losgefahren, um unseren Zug, der 15:09 Uhr nach Brno losfuhr, zu erreichen. Natürlich bin ich über die Landstraße nach Dresden gefahren, aber dort war auch dicke Luft. Pünktlich zur Abfahrt unseres Zuges rollten wir am Hauptbahnhof ein und sahen nur noch die roten Lichter. Geistesgegenwärtig hatten die fünf Fans aus der Lausitz unsere Fahr- und Platzkarten im Bahnhof hinterlegt. Auf dem Bahnsteig trafen wir dann auch noch unseren Mitstreiter aus Franken, der auch im Stau gestanden hatte. Mit dem nächsten Zug konnten wir dann unsere Fahrt beginnen und Ines chauffierte mein Auto wieder nach Moosheim zurück.
Pünktlich am zeitigen Morgen erreichten wir dann die mährische Hauptstadt, wo auch die anderen Fans zu uns stießen. Nach einer Weile tauchten unsere tschechischen Mitstreiter auf. Aber erst einmal nur zwei und sie gaben uns zu verstehen, dass es mit dem Transporter noch Probleme gab, denn im Raum Brno war keiner zu bekommen. Dafür aber in Prag. Also ist der Organisator der Reise schnell mal dorthin gefahren und hat den VW-Transporter abgeholt. Am Nachmittag ist er dann völlig kaputt bei uns eingetroffen und die Fahrt in Richtung Rumänien konnte mit zwei Autos beginnen. Aber erst einmal tanken. Beim Losfahren übersah unser völlig übermüdeter Fahrer das Auto vor ihm … pufff … zum Glück nirgendwo etwas kaputt. Sofort wurde der Fahrer gewechselt und ab diesem Zeitpunkt lief alles hervorragend.
In der tiefsten Nacht erreichten wir Brad, wo wir bei Georg Hocevar eine Sonderfahrt bestellt hatten. Mit Schlafen war aber noch nichts, wir gerieten in eine Hochzeitsgesellschaft. Das Aufstehen am nächsten Morgen war etwas mühsam, wir hatten nicht mal zwei Stunden Schlaf, aber alle konnten den Güterzugdampf bei Georg mehr oder minder fotografisch genießen. Am selben Nachmittag ging unsere Fahrt gleich noch weiter ins Wassertal.
In Turda wurde noch ein kleiner Zwischenstopp eingelegt, um die dort noch abgestellten Schmalspurfahrzeuge abzulichten. Am Abend erreichten wir in Viseu de Sus unser Quartier, die Pension Barsan. Das Empfangskomitee stand schon parat, Irina und Vasile Barsan und natürlich der damalige Chef des Wassertalbahnvereins, Michael Schneeberger. Noch schnell Abendbrot essen, ein kurzer Tuica-Umtrunk und dann ab ins Bett.
An den kommenden zwei Tagen befuhren wir mit den Dampfloks der Resita 764 421 bzw. mit der Orenstein und Koppel 764 211 das komplette Wassertal bis Coman mit dem regulären Güterzug. Morgens unterrichtete Schneeberger erst noch einmal das Lokpersonal, an welchen Stellen es zum Zwecke des Fotografierens anhalten sollten und es gab reichlich Fotohalte.
Doch nun zum eigentlichen Thema meines letzten Beitrages. Der Tag drei und vier in Viseu de Sus war dem Novattal, einem Seitental des Wassertals vorbehalten. Am zeitigen Morgen des 28.6.2007 ging es los. Beide Produktionszüge, ins Wasser- und Novattal, wurden in Viseu de Sus noch für die Abfahrt in die Berge vorbereitet.
Für heute war kein Dampfzug angesagt, leider nur Diesel. Dafür konnten wir uns aber die Lok aussuchen, die unseren planmäßigen Zug ins Novattal bringen sollte.
Warum diese Lok? Irgendwann hatte ein findiger Ingenieur die Idee, den rumänischen Motor durch einen Caterpillar-Motor zu ersetzen. In diesem Zusammenhang wurde die Motorhaube der L 45H 87-0033-8 eingekürzt, was dieser Lok ein eigenwilliges Aussehen verlieh. Aber irgendwas muss bei diesem Umbau schief gegangen sein. Auf einigen Bildern ist eine „geringfügige“ Abgaswolke zu sehen, die eher an eine Dampflok erinnert, Es war ein Gemisch aus Öl, Kühlwasser und Dieselabgasen, was zur Folge hatte, dass mehrmals angehalten werden musste, um alle Rohstoffe wieder nachzufüllen. Kühlwasser war kostenlos, es kam aus dem Fluss. Der erste planmäßige Halt war, wie bei jedem Zug üblich, der Magazin-Mix in Valea Scradei, wo alle Grundnahrungsmittel besorgt wurden.
Überall am Wegesrand brannten kleine Feuer. Beim näheren Betrachten entpuppten sich diese als Müllentsorgung.
Nach dem außerplanmäßigen Wasserhalt in Novat, bog unser Zug in Novat Delta in dieses Flusstal ab. Da dieser Streckenabschnitt ziemlich steil ist, muss das Zugpersonal händisch sanden, damit die Räder der Lok nicht ins Rutschen kommen. Unterwegs passierten wir eine Holzladestelle. Unser Zug fuhr durch bis zum oberen Gleisdreieck in Polana Novat.
Hier oben begann dann erstmal das große Rangiergeschäft und die ersten Drehschemelloren wurden zur Holzladestelle zurückgebracht.
Währenddessen nutzten wir die Zeit um die schon stillgelegten Gleise nach Ihosa bzw. weiter, um bis Betigi zu erwandern. Ab diesem Bahnhof waren die Gleise schon abgebaut. Nach einem ausgiebigen Frühstück traten wir den Rückmarsch an.
Bei unserer Ankunft in Polana Novat hatte sich unsere Lok schon vor den Personenwagen und die restlichen Drehschemelwagen gestellt, um sie zur Holzladestelle zu bringen.
Als wir am Holzplatz ankamen, wurden unsere Wagen abgekuppelt und die schon beladenen Wagen per Schwerkraft ins Tal abgelassen. Die Lok fuhr alleine hinten, um die Bremser auf dem Zug wieder mit in die Berge zu nehmen.
Wir hatten in der Zwischenzeit das große Vergnügen, den Waldarbeitern bei der Arbeit zuzuschauen. Es war spektakulär. Wie man sieht, hatten alle in Physik immer gut aufgepasst. So ein Buchenstamm ist eben schwerer als Fichte oder Tanne.
Als alle Loren mit Stämmen beladen waren, rollte unser Zug, natürlich wieder nur mit Schwerkraft, ins Wassertal zurück.
Wer davon ein paar Streckenaufnahmen braucht, der muss sich halt sportlich betätigen – also abspringen vom langsam fahrenden Zug, sich zwischen Lok und Fluss durchdrängeln, Vorsprung herauslaufen, Bild machen und wieder auf den Personenzug aufspringen. Das war zwar nicht ungefährlich, hat aber mehrmals gut geklappt.
Vor der Einfahrt ins Wassertal, in Novat Delta, mussten wir erstmal den Touristenzug mit der Orenstein und Koppel passieren lassen.
Während unser Zug in Novat an die beladenen Drehschemel vom Vormittag angekuppelt wurde, überholte uns der Produktionszug aus dem Wassertal.
In gemächlicher Fahrt rollten wir zurück nach Viseu ins Sägewerk, wo alle Baumstämme auch gleich abgeladen wurden.
Ein aufregender Tag neigte sich dem Ende entgegen, aber das war noch nicht das Ende der Fahnenstange.
Von der im Jahr 1999 eingestellten Waldeisenbahn Moldovica wurde im Jahr 2004 die langjährige Stammlok 763 193 (gebaut von der Lokomotivfabrik Krauss in Linz im Jahr 1921) nach Viseu de Sus umgesetzt.
Für unseren letzten Tag im Wassertal war ein Sonderzug mit dieser Lok geplant. Voller Erwartung trafen wie sehr zeitig am Lokschuppen ein. Die zwei Produktionszüge ins Wasser- und Novattal waren schon in die Berge abgefahren. Während verschiedene Draisinen für ihre Fahrt startklar gemacht wurden, gingen auch die Dachklempnerarbeiten am Triebwagen weiter.
Auch unsere Lok war schon angeheizt, aber irgendwas war faul. Die fünfjährige, nicht konservierte Abstellung in Moldovica hatte ihre Spuren hinterlassen. Zurückgelassene Asche und Feuchtigkeit hatten ihr Nötiges getan, im Kessel der Lok waren Rostlöcher entstanden und an diesen Stellen entwich unkontrolliert der Dampf.
Aber Abhilfe war schon da. Ein Schweißer, ich möchte mal sagen, das arme Schwein, setzte unter viel Hitze und Qualm, ein neues Stück Kesselblech ein.
Nach einer Stunde war diese Reparatur zur vollsten Zufriedenheit beendet und unsere Dampftour ins Novattal konnte beginnen – also dieselbe Strecke wie am Vortag.
Erster Halt war, wie sollte es auch anders sein, der Lebensmittelladen in Valea Scradei. Entlang dieser Ortschaft gab es noch mehrere Fotohalte.
In der Ortslage von Novat musste ein Wasserhalt eingelegt werden.
Zu einem weiteren Halt kam es im Bahnhof Novat. Die ersten beladenen Drehschemelloren waren hier schon wieder abgestellt und unsere Lok setzte sich zum Zwecke eines Fotos an diesen Zug. Vasile Barsan, der an diesem Tag unser Heizer war, gab uns zu verstehen, dass wir uns beeilen sollten und schon fuhren wir weiter. Aber nur bis zur nächsten Weiche, dort wurde auf die andere Seite des Holzzuges gerückt. Aus Richtung Viseu näherte sich der Triebwagen, bei dem am Morgen noch das Dach gedeckt wurde.
Wie wir abends erfuhren, beförderte dieser eine Regierungsdelegation aus Bukarest durch das Wassertal. Nach wenigen Minuten erreichten wie Novat Delta und auch hier musste in das Gleisdreieck zurück rangiert werden.
Vom Holzladeplatz aus dem Novattal rollten so wie am Vortag, ein Zug mit Baumstämmen an uns vorbei, von der Diesellok mit Personenwagen geschoben.
Ab jetzt hatte unser Kurzzug freie Fahrt bis zum oberen Gleisdreieck.
Die Krauss-Lok hatte auf diesem steilen Stück ganz schön zu kämpfen und schnell wurden wir von der zurückkehrenden L 45 H eingeholt, stellenweise schob sie gleich nach, was uns natürlich zusätzliche Streckenfotos einbrachte.
Von der Ankunft in Polana Novat kam es nochmal zum Fotoshooting. Anschließend mussten sich alle Beteiligten, Lokpersonal und Fotofans stärken und die Lok wurde für die Rückfahrt vorbereitet.
Auch die Rücktour verlief völlig problemlos, sodass mehrere Foto- und Wasserhalte eingelegt werden konnten.
Nach der Ankunft in Viseu bot sich ein Schauspiel, die Ankunft aller Züge aus dem Wassertal.
Als erstes fuhr der Stauverursacher, der Produktionszug aus dem Wassertal ein. Links im Bild ist die Pension „Barsan“ mit ihrer Terrasse zu sehen.
Geistesgegenwärtig konnte ich vor dem Holzzug noch die Gleisseite wechseln und den „Aussichtspunkt“ erklimmen, um den besten Fotostandpunkt zu haben.
Der Touristenzug mit der 764 211 musste sich auch anstellen.
Hinterher kamen mehrere Loren gerollt.
Mit Personenwagen und Flachwagen mit Rücketraktor schob sich L 18 H in den Bahnhof.
Und weil es noch nicht gereicht hat, kam als nächstes der Triebwagen gefahren.
Und zu guter Letzt noch eine Aro-Draisine.
Das alles war der krönende Abschluss meiner ersten Rumänienreise.
An dieser Stelle sei noch erwähnt, ein Jahr später war die Eisenbahn im Novattal Geschichte. Die verheerenden Unwetter in den ukrainischen und rumänischen Karpaten im Sommer des Jahres 2008 rissen die Strecke mit sich ins Tal und wurden nicht wieder aufgebaut.
Mit diesem Beitrag verabschiede ich mich. Ich wünsche allen wunderbare Reiseerlebnisse und hoffe, dass ich in der Vergangenheit euch ein wenig von Rumänien und der Eisenbahn begeistern konnte.