Bulli auf Abwegen


von Gerhild Landeck

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In den vielen Jahren, in denen wir regel­mäßig mit unse­rem Bulli durch Rumä­nien tou­tren, konn­ten wir uns der Auf­ge­schlos­sen­heit und Freund­lich­keit so­wie der prag­ma­ti­schen Hilfe der Ein­hei­mi­schen in Not­si­tua­tio­nen stets ge­wiss sein.
Unsere Route führte uns im Som­mer 2018 unter an­derem durch den Süden Rumä­niens. In Crai­ova be­such­ten wir im Ion-Oble­menco-Sta­dion ein Eu­ropa-League-Qua­li­fi­ka­tions­spiel von RB Leip­zig ge­gen die Mann­schaft des CS Uni­ver­si­ta­tea Crai­ova. Da wir die Tickets erst vor Ort kauf­ten, saßen wir in­mit­ten der rumä­ni­schen Fuß­ball­fans, weit weg der Leip­ziger Fan­truppe. Was in Deutsch­land in geg­ne­ri­schen Sta­dien un­mög­lich wäre – war in Crai­ova kein Pro­blem. Die Fans der ge­gne­ri­schen Mann­schaft nah­men uns fröh­lich und auf­ge­schlos­sen in ihre Mitte auf.
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Eine Hilfsaktion der beson­deren Art er­leb­ten wir nur wenig spä­ter. Auf dem Weg durch die Wala­chei plan­ten wir einen „Ab­ste­cher“ nach Mol­da­wien. Da es schon lang­sam Abend wurde, schau­ten wir uns nahe der mol­da­wi­schen Grenze nach einem ge­eig­ne­ten Stell­platz für un­seren Bulli um. Die Wiese war eben, aber nah an der Straße ge­le­gen. Wir stie­gen aus, um ge­gen­über nach einem güns­ti­geren Platz Aus­schau zu halten.
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Ein kurzer Blick zurück zum Bus – und wir er­fassten, dass sich dieser eigen­mäch­tig rück­wärts be­wegte. Unser Spurt zu­rück war ein­fach zu lang­sam, unter lau­tem Ge­töse kippte unser ge­liebter Bulli rück­wärts in einen Gra­ben und stand fast senk­recht auf der Heck­klappe.
Bus im Graben
Wir waren fassungslos und in dieser Rei­hen­folge schos­sen die Ge­dan­ken durch unsere Köpfe: hier ist die Reise zu Ende, der Bus ist Schrott – und wie be­kommen wir das ganze Equip­ment nach Hause….
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Keine Minute später hielt das erste Fahr­zeug an - ein Taxi­fahrer mit seiner Frau. Nach­dem sie sich über­zeugt hatten, dass wir un­ver­sehrt waren, be­gannen sie, mit uns die aus der offenen Schie­be­tür ge­fal­lenen Ge­gen­stände aus dem Gra­ben zu klau­ben und unsere Pa­piere zu sichern.
Menschen betrachten das Auto im Graben
Weitere Autos stoppten, einige brach­ten uns Ge­tränke, eine rus­si­sche Familie wollte mich in ihrem Auto mit­neh­men. Der Taxi­fahrer fuhr zu einem nahe ge­le­genen land­wirt­schaft­li­chen Be­trieb, um einen Trak­tor zu ordern.
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Inzwischen rückte eine Gruppe junger Män­ner aus einem Klein­bus mit Schau­feln an, deren Chefin straffe An­wei­sun­gen gab, das Erd­reich unter dem Bus zu ent­fernen. Aus dem Dorf ge­sellten sich mehrere Helfer dazu, ca. 20 Leute be­müh­ten sich, wäh­rend wir immer noch mit schlot­tern­den Knien fas­sungs­los das Ge­sche­hen ver­folgten.
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Der Traktor kam – aber leider hielt unser Ab­schlepp­seil der Zug­kraft nicht stand und riss. Der Trak­tor­fahrer ver­sprach, sich um ein Stahl­seil zu kümmern. Als der Taxi­fahrer nach län­gerer Warte­zeit noch ein­mal nach­fragte, kam er mit einer schlech­ten Nach­richt zu­rück: es würde wohl erst am nächsten Tag klap­pen. Er bot uns an, uns in ein Hotel zu fahren, welches 45 km ent­fernt lag. Nie­mals hätten wir unseren ge­lieb­ten Bulli so schnöde im Stich ge­lassen.
Traktor vor dem Auto im Graben
Wir richteten uns schon darauf ein, uns wie die Wach­hunde über Nacht da­vor zu legen, als plötz­lich ein noch größerer Trak­tor mit einem Stahl­seil heran­ge­tu­ckert kam. Der dritte Ver­such war er­folg­reich. Der Bulli war wieder in der Waage­rechten, sprang auch sofort an – und nur ein seit­li­ches Blech war ab­ge­fallen.
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Mann mit abgefallenem Blech neben dem Auto
Mann befestigt abgefallenes Blech
Keiner der Helfer nahm auch nur einen Cent von uns an – sie waren über unser An­sinnen fast ent­rüstet!
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2 Menschen stehen neben dem Auto
Die Nacht verbrachten wir im Bulli an diesem ge­schichts­träch­ti­gen Stand­ort – und auch die Police Fron­tera, die pa­trouil­lierte – igno­rierte uns de­zent. Wir setz­ten die Fahrt am nächs­ten Mor­gen problem­los fort, und auch die rest­li­chen 2500 km ließ uns unser Ge­fährt nicht im Stich. Wir haben ihm aber auch fest ver­spro­chen, nie wieder so fahr­läs­sig zu ihm zu sein.
Die große Beule im Tank hat er uns tapfer ver­schwie­gen, bis es die hei­mi­sche Werks­tatt ent­deckte……
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