Durch die Munții Hașmaș zum Lacu Roșu


von Stefan Kossatz

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Es ist der 3. Juni 2024. Bert und ich be­fin­den sich auf Gleis 1 des Dres­dener Haupt­bahn­hofs und wollen wie­der mal nach Rumä­nien fahren. Dies­mal führt unsere Reise in die Haș­mașer Berge, auch Munții Haș­maș ge­nannt. Um 22:08 Uhr soll es nach Buda­pest gehen. Der Zug kommt mit eini­gen Minu­ten Ver­spä­tung an. Wir stei­gen in un­seren Liege­wa­gen und errei­chen am nächs­ten Mor­gen aus­ge­schlafen Buda­pest.
Stefan auf dem Bahnsteig unter einer Anzeigetafel
Zum Abend ist die Weiter­fahrt nach Rumä­nien von Buda­pest-Keleti ge­plant. Und zwar um 17:40  mit ei­nem wei­teren Lie­ge­wagen, dem IC 407 Korona nach Bra­șov. Wir haben vor in Mier­curea Ciuc/Szek­ler­burg aus­zu­stei­gen. So ist der Plan. Also hat­ten wir viel Zeit, uns in Buda­pest um­zu­sehen und nicht we­gen der An­schlüsse unter Druck zu ge­ra­ten. Das ha­ben wir alles schon er­lebt oder aus Berich­ten an­derer Rumä­nien­freunde er­fahren. Es ver­läuft alles nach Plan. Unsere Ab­fahrt in Buda­pest-Keleti ist pünkt­lich und auch die Fahrt in der Nacht durch Un­garn und Rumä­nien ver­läuft ent­spannt. In Mier­curea Ciuc sind wir am nächs­ten Morgen.
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Bahnhof mit Zug
Im Bahnhofsbuffet wird erst mal ein war­mer Kaffee ge­trun­ken. Nach­dem wir in der Stadt Geld um­ge­tauscht ha­ben, geht es mit dem Bus wei­ter in die Berg­ar­bei­ter­sied­lung Balan. Am Ein­gang des Ortes gibt es eine Pen­sion. Diese steu­ern wir an. Als wir im Zen­trum des Ortes essen gehen, mer­ken wir schnell, dass wir uns in einer Ge­gend mit einer vor­wie­gend un­ga­rischen Be­völ­ke­rung be­fin­den, denn es wird kaum rumä­nisch ge­spro­chen. Natür­lich kann ich mich hier trotz­dem auch be­quem auf rumä­nisch ver­stän­digen. Ich ver­suche un­sere An­kunft in der Ca­bana Pia­tra Sin­gura­tica tele­fo­nisch an­zu­kün­digen, aber ich er­reiche nie­man­den. Später ruft die Hütten­wirtin zu­rück und so melde ich uns schon mal für den nächs­ten Tag an. Sie fragt, ob sie für uns etwas zum Essen zu­be­reiten soll. Na, aber sicher.
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Weil wir eine mehrtägige Tour in den Ber­gen planen, kau­fen wir im dor­ti­gen Profi-Markt erst mal ver­pfle­gungs­tech­ni­sches Mate­rial, z. B. Sla­nina, Câr­nați, Kekse, Schoko­riegel, also alles was ener­gie­reich und vor allem halt­bar ist. Tee und Sup­pen haben wir mit. Der Auf­stieg ist in der Karte von der Kirche in Ba­lan über blaues Band zur Ca­bana Piatra Sin­gura­tica mit 2:15 Stun­den an­ge­ge­ben. Die Hütten­wirtin sprach aber am Telefon von 2:30 Stun­den.
Stefan auf einem Bergwanderweg
Na, mit Gepäck wird es wohl etwas län­ger dauern, aber das sind wir ja ge­wohnt. Dies­mal ist es kein Ge­birge mit Schnee­fel­dern, wie wir es im letz­ten Jahr aus­giebig ge­nießen durften. Der An­stieg ist auch nicht sehr schwierig und trotz Ge­päck und trag­barer Voll­pension immer noch sehr ge­müt­lich. Das letzte Stück zur Ca­bana wird es etwas stei­ler und es geht über eine schöne Ge­birgs­wiese. 13 Uhr sind wir oben und be­zie­hen auch gleich unser Zim­mer. Wir stellen unser Ge­päck ab und er­kun­den erst mal die nähere Um­ge­bung.
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Bergwiese mit Hütte und Berggipfeln
In der Nähe befindet sich eine kleine Ka­pelle an einem Ort mit wun­der­voller Aus­sicht über die wirk­lich traum­haft schöne Land­schaft.
Es hat sich voll ge­lohnt diesen Ort auf­zu­suchen. Auf­merk­sam ge­wor­den sind wir auf diesen schönen Ort durch Kar­pa­ten­willis Bericht "Auf den Spu­ren der Tschan­gos" sowie durch Er­zäh­lun­gen von Michael Horn, einem Rumä­nien­freund, der leider schon ge­storben ist. Nun sind wir selbst auf deren Spuren un­ter­wegs.
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Am Abend beobachten wir einen traum­haf­ten Son­nen­un­ter­gang und spä­ter gibt es dann un­ga­rische Gu­lasch­suppe für uns.
Sonnenuntergang über Bergmassiv
Der nächste Tag beginnt mit wun­der­schö­nem Wetter. Unser Plan für heute ist ein Auf­stieg auf die Fel­sen­gruppe "Pia­tra Sin­gura­tică", auch be­kannt als die "Ein­sa­men Fel­sen".
Zur Sicherheit nehmen wir unsere Helme mit, man kann ja nie wissen. Wir pas­sie­ren einen Durch­stieg und kom­men so auf die Rück­seite der Fels­wand. Nach einiger Klet­terei er­rei­chen wir einen seil­ge­si­cher­ten Klet­ter­steig. Er ist leicht zu be­klet­tern und so ste­hen wir nach 15 Minu­ten oben auf dem mitt­le­ren Fel­sen. Von hier oben bie­tet sich ein traum­haf­ter Blick zu den be­nach­bar­ten Ber­gen "Moara Dra­cilor" und "Haș­mașul Mare". Den letz­te­ren der bei­den wollen wir mor­gen er­rei­chen. In der Ferne ist auch das Mas­siv des Ceahlau-Ge­birges zu sehen.
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Weitsicht vom Gipfel
Stefan klettert in einer Felswand
Der Abstieg ist schnell ge­schafft, man muss nur immer wis­sen wo man den Fuß hin­setzt. Am Nach­mit­tag sam­meln wir in der Um­ge­bung totes Holz für ein abend­li­ches Lager­feuer. In­zwi­schen sind noch an­dere rumä­ni­sche Wan­derer an­ge­kommen. Mit ihnen sit­zen wir dann ge­mein­sam am Lager­feuer. Sie bie­ten uns Afi­nate, eine Art Blau­beer­li­kör an. Der schmeckt wirk­lich gut.
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Weitsicht vom Gipfel
Es ist Sonnabend, der 8. Juni und das erste Ur­laubs­wochen­ende ist an­ge­bro­chen. Heute be­ginnt eine wei­tere Etap­pe un­serer Wan­de­rung. Unser Ziel ist die Schutz­hütte auf der Poiana albă, der weißen Alm. Un­ter­wegs wollen wir auch den höchs­ten Gip­fel des Haș­maș­ge­birges an­ge­hen, den Haș­mașul Mare. Nach dem Früh­stück star­ten wir mit un­se­ren Ruck­sä­cken auf dem roten Band. Es geht durch eine wun­der­schöne Land­schaft, die aus Wie­sen durch­zo­gen von Wald be­steht. In der Ferne sehen wir eine Stâna mit Kühen. Etwa um die Mittags­zeit er­rei­chen wir den Ab­zweig zum Haș­mașul Mare. Der Weg geht nun auf dem ro­tem Punkt wei­ter, es ist eine Geh­zeit von 30 Minu­ten an­ge­ge­ben. Nach mehr als einer hal­ben Stunde er­rei­chen wir den Gip­fel und tref­fen dort auf drei Wan­derer aus der Ukra­ine, die sich auf rus­sisch un­ter­halten.
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Weitsicht vom Gipfel
Weitsicht
Auch ein gemeinsames Gipfel­foto ist drin, also ein Frie­dens­gip­fel. Wahr­schein­lich der ein­zig Wahre. Vom Gip­fel ist auch der Ceah­lau zu sehen und die mar­kante Poiana albă, unser Tages­ziel. Da es Sonn­abend ist, kom­men uns auf dem Weg dort­hin einge Tages­wan­derer aus Lacu Roșu ent­gegen.
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Wir gehen immer weiter nach Nor­den. Bald sehen wir das rote Band nicht mehr. Weg­weiser gibt es auch nicht mehr. In der Ferne sind Hir­ten zu sehen. Bis dahin wollen wir aber nicht gehen. So schaue ich in die GPS-ba­sierte Alpen­ver­eins­app. Funk­emp­fang lei­der Fehl­an­zeige. Sie zeigt mir aber unsere Posi­tion. So kann die Wan­der­karte im Ge­päck blei­ben. In un­serer Um­ge­bung wird die Hütte "Mendek­hegy" an­ge­zeigt. Nur dass kann unser Ziel sein. Also um 90 Grad nach links und so er­rei­chen wir schnell wieder den Wan­der­weg mit dem Roten Band und bald auch die Hütte. Der un­ga­rische Be­griff "Re­fugiu montan" steht auch auf dem Schild vor der Hütte in rumä­nisch und un­garisch.
Weitsicht vom Gipfel
Stefan klettert in einer Felswand
Eine Wandergruppe kommt aus Richtung Hăș­mașul Mare. So­fort fan­gen die Hunde an zu bel­len. Schnell stelle ich mich zwi­schen die Wan­derer und die Hunde und rufe laut "Gata!!!". Das rufen die Hir­ten, wenn sie ihre über­ei­frigen Hunde von den Wan­de­rern zu­rück hal­ten. Sofort rea­gieren die Hunde und sind still. Eine junge Frau fragt mich, ob das meine Hunde sind. Ich ver­neine es und sage, dass ich auch nur ein Tourist bin. Sie schaut un­gläu­big, aber freut sich, dass die Hunde still sind. Ich bin wohl als Vieh­hirte akzep­tiert worden.
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Bald taucht auch der dienst­ha­bende Hirte auf. Wir zäh­len zwölf Hunde. In­zwi­schen ist die Herde in Rich­tung der Stal­lun­gen wei­ter­ge­zogen. Einer der Hunde kommt noch mal zu­rück und möchte von mir ge­strei­chelt werden. So was erlebt man nicht alle Tage. Wenn man Kar­pa­ten­willis Hun­de­knigge liest, dann weiß man, dass es auch solche Be­geg­nun­gen geben kann, so­bald man von den Hun­den akzep­tiert wird.
Stefan streichelt einen Hund
Wir bereiten unser Abend­brot zu und kochen Tee. So­bald es dun­kel ist, gehen wir auch nicht mehr vor die Tür. In der Nacht schla­gen die Hunde un­weit von uns bei der Stâna an. Dazu laute Rufe von den Hir­ten. Wahr­schein­lich ist es wie­der eine Wan­der­gruppe? Aber nachts um zwei Uhr? Dies­mal ist der Lärm auch hef­tiger, den wir aus der Ferne mit­be­kommen. Wer weiß, was da los ist. …
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Im Juni wird es zeitig hell, so­dass wir wie­der vor die Tür gehen kön­nen. Heute wollen wir Lacul Roșu er­rei­chen. Das sind drei Stun­den Geh­zeit auf dem blauen Band.
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Unmittelbar nach dem Frühstück brechen wir auf und folgen dem blauen Band. Wieder finden wir keine Mar­kie­rung auf der Wiese. Der aus­ge­tre­tene Weg führt uns durch das ein­ge­zäunte Weide­ge­biet. Wie in Öster­reich ist es wich­tig ist, das man das Tor wieder zu­macht. Am Ende der Lich­tung be­ginnt der Forst­weg und wir fin­den das blaue Band wieder. Nun geht es nur noch berg­ab. Bald kommen die ers­ten Häuser und wir sind wieder in der Zivi­li­sa­tion. Gegen Mittag er­reichen die Straße.
Baum mit Wegweiser neben Forstweg
Wanderer auf Forstweg
Stefan sitzt an einer Straße
Bis Lacul Roșu ist es noch ein Stück. Am Orts­ein­gangs­schild machen wir ein Foto. Am See gibt es einige Res­tau­rants und Ter­rassen, so­dass wir richtig essen und trinken können.
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Hinweisschild neben einem Baum
Wir planen mehrere Tage beim Lacul Roșu zu blei­ben und wol­len auch die Aus­sichts­punkte über der Cheile Bicaz be­suchen.
Weitsicht in eine Schlucht
Stefan auf einer Hängebrücke
Danach führt uns unsere Reise weiter mit dem Bus nach Piatră Neamț und von dort mit dem Zug nach Buka­rest und da­nach mit dem Liege­wagen nach Buda­pest.
Reisebus auf einem Parkplatz
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