Wo ist die Nera?


von Stephan Ernst

Landschaft
Noch einmal wa­ren wir mit mei­nem Schrift­stel­ler­freund Tho­mas Ro­sen­lö­cher, der 2022 ver­stor­ben ist, in Ru­mä­ni­en un­ter­wegs. Über die Tour 1987 im Re­te­zat-Ge­bir­ge ha­be ich be­reits be­rich­tet (Tür­chen Nr. 4 im Ka­len­der 2022). Dies­mal plan­ten wir ei­ne Wan­de­rung über das Ani­na-Ge­bir­ge zur Ne­ra-Schlucht im Ba­nat.
Zu sechst bege­ben wir uns am 22.6.1988 um 12:17 Uhr in Dres­den in den Zug: mit mir Tho­mas und Bir­git Ro­sen­lö­cher, ih­re Söh­ne Jo­han­nes (20) und Mo­ritz (13) und mei­ne Frau Chris­ti­ne. An­kunft mit dem „Vi­to­scha-Ex­press“ am 23.6. um 9:30 Uhr in Arad. Zu Mit­tag Wei­ter­fahrt mit dem Zug nach Ca­ran­se­beș, Re­și­ƫa (Re­schitz) und Ber­zo­via. Dort le­gen wir uns für ein paar Stun­den gleich ne­ben den Glei­sen ins Gras, um uns von der lan­gen Fahrt zu er­ho­len, bis es um 1:40 Uhr mit dem nächs­ten Zug nach Ora­vi­ƫa (Ora­witz) wei­ter­geht. Dort be­ginnt das Aben­teuer.
Menschen im Gras liegend
Mann steht am Zugfenster
Thomas Rosenlöcher im Zug in Ru­mä­nien.
Um 3:30 Uhr steigen wir in Ora­vi­ƫa in die al­te Ge­birgs­bahn nach Ani­na (Stei­er­dorf). Der Zug braucht für die 33 Ki­lo­me­ter lan­ge Stre­cke zwei­ein­halb Stun­den, quert 10 Via­duk­te und durch­fährt 14 Tun­nel. In den Wag­gons ist es stock­dun­kel. Man sieht nur die glü­hen­den Zi­ga­ret­ten­en­den der rau­chen­den Män­ner. Die Sitz­bän­ke ste­hen längs an den Wän­den, in der Mit­te ist viel Platz für Ge­päck und Vieh. In ei­nem Tun­nel – viel­leicht der läng­ste bei Gâr­liș­ta (660 m) – bleibt der Zug plötz­lich ste­hen. Zwei Zü­ge wä­ren bei­na­he im Tun­nel auf­ei­nan­der ge­fah­ren. Es dauert ewig, bis der Ge­gen­zug rück­wärts aus dem Tun­nel he­raus auf ein Ne­ben­gleis lan­ciert wor­den ist. Als es hell wird, sit­ze ich bei ge­öf­fne­ter Tür auf den Tritt­bret­tern und ge­nie­ße die Fahrt durch ei­nen Laub­wald­dschun­gel. Oft kra­chen die Äs­te ge­gen den Zug. Sechs Uhr sind wir in An­ina.
Eisenbahn
Wanderer auf Bergwiese
Wanderer im Wald
Wanderer am Wegrand sitzend
Wie beglückend, wie­der in Ru­mä­ni­en zu sein und noch al­le Ta­ge vor uns zu ha­ben. Wir mar­schie­ren in Rich­tung Pia­tra Al­ba (1046 m) durch herr­li­che Bu­chen- und Bu­chen­misch­wäl­der berg­auf in ei­ne halb­of­fe­ne Ge­birgs­land­schaft mit herr­li­chen Berg­wie­sen. Es gibt vie­le Pil­ze. Nur das Trink­was­ser ist knapp.
Pilze
Wanderer im Wald
Wanderer am Wegrand sitzend
Erst am Abend des zwei­ten Ta­ges (25.6.) ent­de­cken wir auf ei­ner Wald­wie­se ei­ne Karst­quel­le, das heißt ein Loch mit ei­nem spär­lich ab­lau­fen­den Rinn­sal, das gleich wie­der ver­sickert.
Quelle
Männer im Gras sitzend
Thomas
Junge im Gras sitzend
Moritz
Junge mit Rucksack
Johannes
Sonne und Wolken
Zelte auf Bergwiese
Männer am Fluss stehend
Männer gehen auf einer Bergwiese
Bergwiese mit Haus
26.6. Die Karten sind schlecht. Wir ge­hen nach Ge­fühl in Rich­tung Ne­ra, oft oh­ne Weg und Steg über präch­ti­ge, noch un­ge­mäh­te Berg­wie­sen.
Blumen
blaue Wiesenblume
Büschel-Glocken­blume
weiße Wiesenblume
Weißer Germer
Blume
Blume
Blume
Blume
Zelte auf Bergwiese
verfallenes Haus
verfallenes Haus
Bergwiese mit Berg
27.6. Wir haben uns ver­irrt und sind wohl zu weit in die Ge­gend von Bo­zo­vici ab­ge­drif­tet. Aber es gibt Pil­ze in Hül­le und Fül­le und auch Trink­was­ser an un­se­rem La­ger­platz. Längst woll­ten wir an der Ne­ra sein.
Wanderer sitzen auf Bergwiese
Wanderer auf verschlammten Weg
Wanderer auf Bergwiese sitzend
28.6. Wir wandern den gan­zen Tag schein­bar in Rich­tung Leor­di­șu (1160 m) und Ne­ra, be­geg­nen aber am Abend dem­sel­ben Hir­ten vom Vor­tag wie­der. Also sind wir zwei Ta­ge im Kreis ge­lau­fen! Wo ist die Nera?
Fußspuren
Wanderer sitzen auf Bergwiese
Wanderer auf verschlammten Weg
Wanderer auf Bergwiese sitzend
29.6. In diesen Ur­wäl­dern, die heu­te zu ei­nem Na­tio­nal­park ge­hö­ren, ist es schwer, sich zu ori­en­tie­ren. Das ist lei­der nur ein Ne­ben­fluss der Nera.
zwei Käfer auf einem Blatt
Weißfleck­wid­der­chen bei der Paarung.
Käfer auf einem Blatt
Ein kleinerer Verwand­ter des Hirsch­kä­fers, der Bal­ken­schrö­ter, be­wohnt war­me feuch­te Laub­wäl­der mit al­ten mor­schen Bäu­men.
Zelte auf einer Wiese
Fluss in Berglandschaft
Erst am 30.6. erreichen wir bei Me­liu­gu­lui die 22 Ki­lo­me­ter lan­ge Ne­ra-Klamm – heu­te „Na­tio­nal­park Ne­ra-Klamm Beuș­ni­ƫa“.
Neraklamm
Wanderer durchqueren einen Fluss
Wanderer durchqueren einen Fluss
Wanderer durchqueren einen Fluss
Wanderer durchqueren einen Fluss
1.7. - 2.7. Die ers­te Etap­pe bis Vo­giun geht es zu­meist durchs Wasser.
Bergfelsen
Zelt vor Bergfelsen
Am 3.7. klet­tern wir auf die Kalk­stein­spit­ze Cir­șa Ca­pra­riului (453 m).
Berg
Wanderer klettert in einer Felswand
Blick auf Wälder und Felsen
Es geht durch un­weg­sa­mes Ge­län­de steil berg­auf.
Berglandschaft mit Fluss
Diese noch fast un­be­rühr­ten Laub­wäl­der sind ein Traum.
Berglandschaft
Berglandschaft
Dann wird die Aus­sicht im­mer bes­ser.
Aussicht
Menschen auf Berg
Wir haben den Gi­pfel er­reicht.
Mann sitzens auf einem Stein
Ich bin zum sechs­ten Mal in Ru­mä­nien.
Sechs Rumänienfahne
Schlucht
Wanderer in Schlucht
Wanderer in Schlucht
Am 4.7. geht es weiter bis Da­mian.
Zelt vor Berglandschaft
Unser Lager­platz auf ei­ner In­sel der Ne­ra ober­halb Da­mian.
Blumen
Moschus-Malven
Blumen
Telekien
5.7. Am Steilhang ent­de­cken wir die Du­bo­va-Höh­le und er­kun­den zwei­ein­halb Stun­den lang mit Ta­schen­lam­pen die gro­ßen Räu­me mit zwei rie­si­gen, cir­ca 4 Meter ho­hen Sta­lak­mi­ten.
Höhle
Berglandschaft
Berglandschaft
Thomas und ich er­kun­den den Weg nach Sas­ca Ro­mânǎ.
Wanderer durchqueren einen Tunnel
Wandererin zwischen Farnen
Wandererin sitzt audf einer Wiese
Wandererin auf einer Hängebrücke
Wanderer trinkt aus einer Tasse
Wandererin trinkt aus einer Tasse
Junge neben einem Brunnenrad
Hier endet un­se­re ge­mein­sa­me Tour. Als Or­ni­tho­lo­ge re­gis­trier­te ich im Ani­na-Ge­bir­ge 51 und in der Ne­ra-Klamm 45 Vo­gel­ar­ten, da­run­ter Stein­ad­ler, Wald­kauz, Nacht­schwal­be, Was­ser­am­sel, Eis­vo­gel, Fel­sen­schwal­be, Zwerg­schnäp­per und Zipp­am­mer.
Liste mit Strichen
Familie Rosenlöcher
Während Fami­lie Ro­sen­lö­cher mit dem Bus nach Ora­vi­ƫa wei­ter­fährt und sich auf den Heim­weg be­gibt, ma­chen wir bei­de uns zu Fuß auf den Weg über das Loc­vei-Ge­bir­ge zur Do­nau.
Donau
Am 10.7. erreichen wir Mol­do­wa Nouǎ und am 11.7. Mol­do­wa Ve­che an der Do­nau - die Gren­ze zu Ju­os­la­wien. Die An­le­ge­stel­le wird streng be­wacht. Von hier bis zum Ei­ser­nen Tor (Dro­be­ta-Tur­nu Se­ve­rin) zwängt sich die Do­nau auf ei­ner Stre­cke von 120 Ki­lo­me­tern durch ei­ne spek­ta­ku­lä­re Schlucht. An der engs­ten Stel­le ist sie nur 200 Me­ter breit.
Donaulandschaft
Blick zum an­de­ren Ufer. Als am 12.7. früh ein Schiff nach Or­șo­wa ab­ge­hen soll, mi­schen wir uns un­ter die ein­hei­mi­schen Pas­sa­gie­re und be­kom­men tat­säch­lich zwei Ti­ckets.
Tickets
Donaulandschaft
Donaulandschaft
Donaulandschaft
Donaulandschaft
Diese unver­gess­li­che Schiff­fahrt dau­ert fünf­ein­halb Stun­den!
Autor auf dem Schiff in Donaulandschaft
Frau des Autors auf Schiff in Donaulandschaft
Die erste Strecke ge­nie­ßen wir noch über Deck und ich kann heim­lich fo­to­gra­fie­ren.
Donaulandschaft
Donaulandschaft
Donaulandschaft
Donaulandschaft
Dann, als der Fluss im­mer schmä­ler wird, müs­sen wir un­ter Deck. Ei­ni­ge Wag­hal­si­ge, die ver­sucht ha­ben, hier schwim­mend das an­de­re Ufer zu er­rei­chen, sind da­bei er­trun­ken oder wur­den er­schos­sen.
Schwimmender und Gewehrkugel
Donaulandschaft
Unser letzter Lager­platz im Wald über Or­șo­wa. Am 13.7. um 10:15 Uhr geht un­ser Zug nach Prag. Das war vor 35 Jah­ren.
Schilder
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